Die Meinungen über einen Vorstoß der Länder Bremen, Berlin und Thüringen für eine Sondersteuer auf hohe Zusatzgewinne von Unternehmen durch den Ukraine-Krieg gehen auseinander.
Während SPD, Linke und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sich für die Steuer aussprechen, kommt bei FDP und CDU keine Begeisterung auf.
Ziel: Krisenbedingte Übergewinne versteuern
Die drei Länder wollen erreichen, dass der Bundesrat die Bundesregierung bittet, einen Vorschlag für die befristete Erhebung einer solchen Steuer für das Jahr 2022 vorzulegen. Ziel ist es, krisenbedingte Übergewinne vor allem im Energiesektor mit einer Steuer oder Abgabe zu belegen. Aus den Einnahmen sollen dann staatliche Entlastungsmaßnahmen finanziert werden. Über den Vorstoß werden nun zunächst der Finanz- und der Wirtschaftsausschuss der Länderkammer beraten, bevor in einer der nächsten Sitzungen darüber abgestimmt wird.
Eine solche »Übergewinnsteuer« wäre der »falsche Weg« und »keine gute Idee«, sagte Finanzstaatssekretärin Katja Hessel (FDP) bei der Beratung des Antrags in der Länderkammer. »Eine solche Steuer wäre ökonomisch kontraproduktiv, rechtlich problematisch und schon gar nicht schnell umsetzbar.«
SPD: Ölkonzerne haben Nettogewinn verdoppelt
Während viele Menschen und Unternehmen unter den Folgen des Krieges wie der hohen Inflation litten und der Staat mit Milliardensummen gegensteuere, machten sich einige Wenige die Taschen voll, sagte Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD). »Sie verdienen sich einfach deshalb eine goldene Nase, weil sie die aktuelle Lage schamlos ausnutzen.« So hätten die vier Ölkonzerne Shell, BP, Exxon und Total allein im ersten Quartal dieses Jahres ihren Nettogewinn im Vergleich zum Vorjahr von etwa 15 Milliarden US-Dollar auf rund 34 Milliarden mehr als verdoppelt.
Thüringens Bundes- und Europaminister Benjamin Immanuel Hoff (Linke) sprach von »Perversionstendenzen in unserer Wirtschaft«. Nach der deutschen Verfassungsordnung sei es »das gute Recht des Staates, diese Gewinne auch durch Steuern abzuschöpfen«.
Niedersachsens CDU-Finanzminister Reinhold Hilbers nannte den Vorstoß dagegen »populistisch« und ein »wenig probates Mittel«. Es stellten sich viele Fragen. »Was ist ein kriegsbedingter Übergewinn und ab welcher Höhe ist davon auszugehen, dass er eintritt? Sind die erwartbaren möglichen Übergewinne der Rüstungsindustrie auch kriegsbedingt? Zweifellos. Sind sie aber auch unmoralisch?«, fragte der CDU-Politiker mit Blick auf die zuvor auch vom Bundesrat beschlossene Grundgesetzänderung für das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zur Aufrüstung der Bundeswehr.
DIW-Chef hält Übergewinnsteuer für »völlig richtig«
DIW-Chef Marcel Fratzscher befürwortet eine Sondersteuer hingegen. »Ich halte aus ökonomischer Sicht eine Übergewinnsteuer für völlig richtig«, sagte Fratzscher gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Der Staat sei in der Pandemie als Versicherer für Unternehmen in schlechten Zeiten aufgetreten und habe wegfallende Umsätze ersetzt. »Jetzt gibt es hier andersherum eine Branche mit den Mineralölkonzernen, die Übergewinne macht. Das sind Gewinne, die nicht wirklich auf deren Investitionen und erbrachten Leistungen beruhen, sondern das Resultat des Krieges sind.« Daher sei es ökonomisch sinnvoll, einen Teil der Gewinne der Mineralölkonzerne abzuschöpfen und den Steuerzahlern zugutekommen zu lassen.
Die Meinungen über den Vorstoß der Länder scheinen auch die Bevölkerung zu spalten. Wie die Website »Business Insider« unter Berufung auf eine Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Civey berichtete, spricht sich die Hälfte der Befragten für die Besteuerung von in der Krise profitierenden Unternehmen aus.
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