Unternehmen legen einer Umfrage zufolge zunehmend Wert auf familienfreundliche Maßnahmen, um Beschäftigte zu halten. Demnach ermuntern sie auch verstärkt Männer in den Führungsetagen dazu, eine Auszeit für die Kinder zu nehmen oder in Teilzeit zu arbeiten.
Das geht aus dem vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) erstellten und vom Bundesfamilienministerium geförderten »Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit 2023« hervor, der am Freitag veröffentlicht wurde. Es handelt sich dabei um eine Befragung sowohl von personalverantwortlichen Managern in Unternehmen als auch von Beschäftigten.
Geschäftsrisiko Fachkräftemangel
Drei von vier Unternehmen gaben in der Befragung an, Schwierigkeiten zu haben, Fachkräfte zu finden (74 Prozent). Der Fachkräftemangel sei aktuell eines der zentralen Geschäftsrisiken, sagte Peter Adrian, Präsident der Deutschen Industrie und Handelskammer, bei der Vorstellung der Ergebnisse in Berlin. Familienfreundlichkeit sei eine tragende Säule der Fachkräftesicherung. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) nannte die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einen harten Wettbewerbsfaktor im Rennen um die besten Köpfe.
Etwa 86 Prozent der befragten personalverantwortlichen Manager gaben in der Befragung an, dass ihnen familienfreundliche Maßnahmen ihres Unternehmens wichtig seien - im Vergleich zur Vorgängerbefragung 2018 eine Steigerung um etwa 3 und im Vergleich zur Studie davor aus dem Jahr 2015 ein Anstieg um 8 Prozentpunkte. 88 Prozent der Personalverantwortlichen, die sagten, ihnen seien familienfreundliche Maßnahmen wichtig, nannten als Grund, qualifizierte Beschäftigte in ihrem Unternehmen halten zu wollen. Die Mitarbeitergewinnung ist ein weiteres Motiv, das weit oben rangiert.
Von den befragten Beschäftigten bewerteten rund 82 Prozent die Vereinbarkeit ihrer Arbeitszeiten mit familiären und sozialen Verpflichtungen im Allgemeinen als sehr gut oder gut. Von denen, die damit nicht zufrieden sind, denkt mehr als die Hälfte (57 Prozent) über einen Jobwechsel in den nächsten drei bis fünf Jahren nach. Bei den Zufriedenen sind es nur 26 Prozent.
Väter im Fokus
Einen speziellen Fokus legte der diesjährige Unternehmensmonitor auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei Vätern. Etwa jeder zweite Personalverantwortliche ist der Meinung, dass dieses Thema in den kommenden Jahren noch wichtiger werden wird. »Die Unternehmen wissen, wenn sie sich nicht um die Wünsche der Väter kümmern, dann könnten sie sie verlieren«, sagte Paus.
Ein Drittel der Manager gab in der Umfrage an, männliche Führungskräfte aktiv dabei zu unterstützen, eine Auszeit für die Kinder zu nehmen (Elternzeit) - eine Verdopplung im Vergleich zu 2015. Außerdem habe sich der Anteil der Firmen, in denen männlichen Chefs explizit das Angebot gemacht wird, in Teilzeit zu arbeiten, im Vergleich zu 2015 nahezu vervierfacht, obwohl es sich mit 19 Prozent dabei immer noch eher um eine Ausnahme handele, heißt es in der Studie.
Entsprechende Angaben zu weiblichen Führungskräften wurden nicht abgefragt, auch nicht wieviele Beschäftigte in Führungsetagen die Möglichkeiten in Anspruch nehmen. Jeder Elternteil hat nach Angaben des Bundesfamilienministeriums Anspruch auf bis zu drei Jahre Elternzeit gegenüber seinem Arbeitgeber. Das Arbeitsverhältnis bleibt demnach während der gesamten Elternzeit bestehen und es besteht ein Anspruch auf Rückkehr zur früheren Arbeitszeit. Dennoch kann es für Mitarbeiter bei der Entscheidung für oder gegen eine Auszeit wichtig sein, welche Einstellung ein Unternehmen dazu hat.
DGB sieht Umfragezahlen skeptisch
Kritik kam von der stellvertretenden Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Elke Hannack. »Betriebliche Maßnahmen, die wirksam dazu beitragen, Familie und Erwerbsarbeit möglichst ohne Stress unter einen Hut zu bekommen, sind nach wie vor eher einzelne Leuchttürme als Trendmodelle«, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. Sie forderte von den Arbeitgebern mehr Tempo beim Thema Familienfreundlichkeit.
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