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Mehr als zehntausend Kilometer neue Stromautobahnen nötig

Neue Höchstspannungsleitungen sollen klimaneutral erzeugten Strom dorthin bringen, wo er gebraucht wird. Die Netzbetreiber haben jetzt ihre Pläne vorgelegt.

Strommasten
Das aktuelle Höchstspannungsnetz hat eine Länge von über 35.000 Kilometern. Foto: Christian Charisius
Das aktuelle Höchstspannungsnetz hat eine Länge von über 35.000 Kilometern.
Foto: Christian Charisius

Die Betreiber der »Stromautobahnen« in Deutschland haben heute einen ersten Entwurf für den Ausbau des Höchstspannungsnetzes bis 2045 vorgelegt. Der sogenannte Netzentwicklungsplan 2037/2045 (NEP) beschreibe erstmals ein Stromnetz, mit dem Klimaneutralität bis 2045 erreicht werden könne, erklärten die vier Übertragungsnetzbetreiber Amprion, TransnetBW, 50Hertz und Tennet in einer gemeinsamen Mitteilung.

Die Netzbetreiber gehen davon aus, dass sich wegen des Verzichts auf Kohle, Öl und Erdgas der jährliche Stromverbrauch in Deutschland bis 2045 auf über 1000 Terawattstunden verdoppelt. Zur Deckung rechnet der Plan mit einer Verfünffachung der installierten Leistung aus erneuerbaren Energien auf rund 700 Gigawatt im Jahr 2045. »Sie zu integrieren und einen sicheren Netzbetrieb zu ermöglichen erfordert weiteren Netzausbau.«

Trassen kosten über 100 Milliarden

Der Plan sieht insgesamt 14.200 Kilometer neue Trassen vor, davon gut 5700 Kilometer an Land und knapp 8500 Kilometer auf See. Die Übertragungsnetzbetreiber halten an Land unter anderem fünf neue Gleichstromverbindungen für nötig, vier in Nord-Süd-Richtung und eine in West-Ost-Richtung.

An Land sollen die neuen Trassen vorwiegend in bereits bestehende Trassen eingefügt werden. Die Kosten für die im Entwurf neu identifizierten Projekte beziffern die Übertragungsnetzbetrieber auf über 128 Milliarden Euro, knapp ein Drittel davon für Leitungen an Land.

Das aktuelle Höchstspannungsnetz hat eine Länge von über 35.000 Kilometern. In Planung und Bau waren Ende September 2022 knapp 12.000 Kilometer.

Netzausbau essenziell

Für das Gelingen der Energiewende halten die vier Netzbetreiber eine weitere Beschleunigung des Netzausbaus für zentral. Der geplante massive Zuwachs an erneuerbaren Energien wirke erst dann, wenn der grüne Strom zu den Verbrauchern transportiert werden könne. Gleichzeitig sei es das politische Ziel, den Stromsektor bis 2035 vollständig zu dekarbonisieren. »Die meisten der für 2045 ermittelten Maßnahmen werden daher bereits 2037 benötigt.«

Der NEP-Entwurf steht nun zur Diskussion. Nach einem mehrstufigen Verfahren wird die Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde Anfang 2024 eine Vorhabenliste an das Bundeswirtschaftsministerium übermitteln. Sie dient dann als Grundlage für eine Neufassung des Gesetzes, in dem die Vorhaben festgeschrieben werden.

»Es ist völlig klar, dass wir für ein klimaneutrales Deutschland bis 2045 einen umfangreichen weiteren Ausbau im Stromnetz brauchen«, erklärte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. Er unterstrich die Bedeutung des vorgelegten Entwurfs: »Wir haben jetzt erstmals ein klares Zielbild eines Höchstspannungsnetzes, mit dem Klimaneutralität nicht nur ein Versprechen, sondern tatsächlich erreichbar wäre.« Seine Behörde werde die Vorschläge sehr sorgfältig prüfen, bevor sie verbindlich würden.

Übertragungsnetzbetreiber zum Thema Netzentwicklungsplan

Bundesnetzagentur zum Thema Netzausbau

© dpa-infocom, dpa:230324-99-77205/2