BERLIN. Kunden müssen wegen Lieferengpässen bei Rohstoffen immer länger auf einen Handwerker warten - und Bauen wird teurer. Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer sagte der Deutschen Presse-Agentur:
»Nicht nur Holz ist derzeit knapp und teurer, sondern alles, was man braucht, um ein Haus zu bauen oder zu renovieren und vieles mehr. Auch elektronische Teile für unsere Elektroniker und Kabel und all das fehlt. Das macht unseren Betrieben in diesen Bereichen im Moment ganz schwer zu schaffen.« Wollseifer warnte vor einem Einbruch des privaten Wohnungsbaus.
»Kunden müssen inzwischen wegen der Lieferengpässe noch länger auf einen Handwerker warten, auch wenn das natürlich von Fall zu Fall unterschiedlich ist«, sagte Wollseifer. »Unsere Betriebe tun da gerade ihr Bestes, damit sich das nicht oder nur in Maßen auf Kundenseite auswirkt. Im Gesamthandwerk liegt die durchschnittliche Auftragsreichweite derzeit bei 8,8 Wochen.« Die Auftragsreichweite gibt an, wie lange der Auftragsbestand noch ausreicht. »Im Bau- und Ausbaubereich jedoch ist es so, dass man aktuell mit mindestens zehn und manchmal sogar bis zu 15 Wochen rechnen muss, bis ein Auftrag begonnen und abgearbeitet wird«, ergänzte Wollseifer.
Krise droht im Bau- und Ausbaubereich
Vor allem der Bau- und Ausbaubereich drohe durch die Materialknappheit und Preisexplosion in eine Krise zu schlittern, sagte der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks. »Erhebliche Engpässe sehen wir nach wie vor bei bestimmten Metallen und Kunststoffen, zudem melden die Betriebe uns, dass auch Vorprodukte wie Schrauben langsam knapp werden.« Auch in den nächsten Monaten werde die Versorgung mit den für die Elektrohandwerke wichtigen Halbleiterprodukten weiter problematisch bleiben.
»Bauen wird teurer werden«, sagte Wollseifer. Er könne keine genaue Größenordnung nennen. »Aber wir haben bei den verschiedenen Materialien in den letzten drei bis fünf Monaten Materialteuerungen von 20 bis 30 Prozent gehabt - bis hin zur Verdreifachung des Materialpreises bei einzelnen Gütern.«
Im privaten Wohnungsbau drohe die aktuelle Entwicklung eine Bremse für die Konjunkturerholung zu werden. »Durch die Preiserhöhungen verteuern sich Bauten so stark, dass es auf die Kredite von Bauherrinnen und Bauherren ausstrahlt, und es zunehmend Finanzierungsengpässe gibt.« Zudem führten die höheren Baupreise dazu, dass Förderprogramme zum Erwerb von Wohneigentum und für Sanierungen nur zu einem geringeren Anteil zur Finanzierung der Baukosten beitragen. »Deswegen sollte die Politik hier dringend mit einer Erhöhung der Förderbeträge nachsteuern. Andernfalls droht ein Einbruch des privaten Wohnungsbaus und auch der klimapolitisch erforderlichen Sanierungsdynamik.«
Bei bereits bestehenden Verträgen mit privaten Auftraggebern ließen sich Preissteigerungen nicht komplett an die Kunden weitergeben, sagte Wollseifer. »Aber bei Neuverträgen muss das bei der Kalkulation berücksichtigt werden, wenn die Betriebe nicht von vorneherein ein Minusgeschäft machen wollen. Da unsere Betriebe die Materialien nur so teuer beschaffen können, wie sie angeboten werden, hat das zur Folge, dass die dann produzierten Waren und Leistungen für die Kunden künftig deutlich teurer werden.«
Trotzdem volle Auftragsbücher
Wollseifer bezeichnete die momentane Situation als absurd. »Unsere Betriebe haben volle Auftragsbücher, aber es lohnt sich in vielen Bereichen angesichts der derzeitigen Einkaufspreise für Material gar nicht, die Aufträge auszuführen. Denn die Betriebe wissen, dass sie dann ein Minus machen.«
Zwar würden Produktionskapazitäten wieder aufgebaut, aber das dauere seine Zeit. "Das Problem wird man langfristig in den Griff bekommen, aber eben nur langfristig. Wir haben mit der Bundesregierung Gespräche geführt, dass bei öffentlichen Vergaben in allen neuen Verträge Preisgleitklauseln enthalten sein sollen, damit bei öffentlichen Aufträgen die vom Betrieb nicht zu vertretenden erhöhten Kosten entsprechend weitergegeben werden können.
Rohstoffknappheit weiterhin problematisch
Und wir haben eingefordert, dass es möglichst keine Vertragssanktionen bei Terminverzögerungen gibt, nur weil Produkte, die eingebaut werden sollen, nicht verfügbar sind." Bei jetzt laufenden Verträgen werde außerdem einen gewisser Spielraum dafür benötigt, dass Preissteigerungen, die vorab nicht absehbar waren, zwischen Handwerksunternehmen und etwa Kommunen aufgefangen werden.
Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag hatte die Rohstoffknappheit als ein großes Problem bezeichnet. »Durch die Konjunkturprogramme in den Vereinigten Staaten und in China gibt es eine große Nachfrage, die bei vielen Rohstoffen zu erheblichen Preissteigerungen und einer Verknappung geführt hat«, hatte DIHK-Präsident Peter Adrian der dpa gesagt. (dpa)