BONN. Wegen illegaler Preisabsprachen hat das Bundeskartellamt Bußgelder in Höhe von fast 155 Millionen Euro gegen sieben Pflanzenschutzmittel-Großhändler und die dort Verantwortlichen verhängt.
Das trifft unter anderem den Münchner Baywa-Konzern, Europas größten Agrarhändler, der allein knapp 69 Millionen Euro zahlt.
»Unsere Ermittlungen haben gezeigt, dass die Unternehmen seit dem Jahr 1998 bis zum Zeitpunkt unserer Durchsuchung im März 2015 jeweils im Frühjahr und Herbst ihre Preislisten für Pflanzenschutzmittel miteinander abgestimmt haben«, berichtete Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Die Folge waren demnach weitgehend einheitliche Preislisten für die Bauern, die Pflanzenschutz kauften.
Nach den Strafen müssen sich die Unternehmen auf Schadenersatzklagen und damit verbundene weitere Kosten gefasst machen: Die US-Kanzlei Hausfeld will im Namen geschädigter Bauern vor Gericht gehen.
»Dabei kommen sowohl Einzelklagen im Namen der betroffenen Landwirte und Agrarunternehmen in Betracht, insbesondere bei größeren Schadenssummen, als auch die Sammlung von Ansprüchen und gemeinsame Geltendmachung für eine größere Zahl von Geschädigten«, hieß es in einer Stellungnahme der Kanzlei. Noch steht nicht fest, ob es Klagen gegen einen oder mehrere der beteiligten Agrargroßhändler geben soll.
Pflanzenschutzmittel sind ein wichtiges Produkt im Agrarhandel. Konventionell wirtschaftende Bauern schützen sich damit vor Ernteausfällen, die ohne den Einsatz von Chemie durch Schädlinge oder Pflanzenkrankheiten drohen würden. Ein Grund für die höheren Preise von Bioprodukten ist, dass Ökobauern keinen chemischen Pflanzenschutz verwenden, deswegen aber auch höhere Ausfallraten bei der Ernte verkraften müssen.
Die Baywa hatte ihre Buße bereits vorab publik gemacht, auch der zweitgrößte europäische Agrarhändler Agravis hatte schon mitgeteilt, eine fast 44 Millionen Euro zahlen zu wollen. Weitere Bußgelder verhängte das Kartellamt gegen die Unternehmen Agro Agrargroßhandel, BSL Betriebsmittel Service Logistik, die Getreide AG, die Raiffeisen Waren GmbH, Kassel, und die ZG Raiffeisen eG, Karlsruhe, ausgesprochen. Die Beiselen GmbH profitierte von der Kronzeugenregelung. Ihr wurde das Bußgeld erlassen. Gegen zwei weitere Unternehmen werde noch ermittelt, berichtete die Behörde.
Laut Bundeskartellamt hatten sich Manager der Unternehmen zunächst mehrmals im Jahr getroffen, um sich auf Listenpreise zu verständigen. Später sei die Abstimmung dann überwiegend schriftlich und telefonisch erfolgt. Die Baywa hatte für die verbotenen Absprachen einen einzelnen Ex-Mitarbeiter verantwortlich gemacht.
Die Bußgelder sind noch nicht rechtskräftig. Die betroffenen Unternehmen und ihre Verantwortlichen können Einspruch beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegen.