Die Internationale Energieagentur IEA rät der EU zu Einsparungen beim Gasverbrauch, um leere Speicher und das Risiko von Versorgungsunterbrechungen in diesem Winter zu verhindern. Um die Gasvorräte bis zum Ende der Heizsaison auf einem angemessenen Niveau zu halten, müsse die Nachfrage im Vergleich zum Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre um 9 bis 13 Prozent reduziert werden, heißt es in dem am Montag in Paris vorgelegten Gasmarktbericht der IEA. Dies stelle bei einem geringen Zufluss von Flüssiggas sicher, dass die Gasspeicher auf einem Niveau von 25 bis 30 Prozent gefüllt bleiben.
Ohne reduzierten Gasverbrauch und bei einem vollständigen russischen Lieferstopp ab November könnten die Speicherstände auf knapp fünf Prozent sinken, wenn zugleich nur wenig Flüssiggas in die EU geliefert wird. Das würde das Risiko auf Versorgungsunterbrechungen im Falle eines späten Kälteeinbruchs erhöhen. Bei einem hohen Zufluss von Flüssiggas blieben die Speicher nach der IEA-Analyse zu weniger als 20 Prozent gefüllt.
Weiter trübe Aussichten
»Der Einmarsch Russlands in der Ukraine und die drastische Reduzierung der Erdgaslieferungen nach Europa schaden Verbrauchern, Unternehmen und ganzen Volkswirtschaften erheblich - nicht nur in Europa, sondern auch in den Schwellen- und Entwicklungsländern«, sagte der IEA-Direktor für Energiemärkte und Sicherheit, Keisuke Sadamori. »Die Aussichten für die Gasmärkte bleiben getrübt, nicht zuletzt wegen des rücksichtslosen und unberechenbaren Verhaltens Russlands, das den Ruf des Landes als zuverlässiger Lieferant erschüttert hat.« Alles deute darauf hin, dass die Märkte bis weit in das Jahr 2023 hinein sehr angespannt bleiben.
Der weltweite Erdgasverbrauch wird 2022 voraussichtlich um 0,8 Prozent zurückgehen, wobei in Europa ein Rekordrückgang von 10 Prozent und eine unveränderte Nachfrage in der Region Asien-Pazifik erwartet wird. Für das nächste Jahr wird mit einem Anstieg des globalen Gasverbrauchs um 0,4 Prozent gerechnet, aber die Aussichten seien mit einem hohen Maß an Unsicherheit behaftet, insbesondere in Bezug auf das künftige Vorgehen Russlands und die wirtschaftlichen Auswirkungen der anhaltend hohen Energiepreise, teilte die IEA mit.
Die derzeitige Gaskrise führt nach IEA-Einschätzung auch zu einer längerfristigen Verunsicherung vor allem in Entwicklungsländern, wo zumindest mittelfristig mit einem Anstieg des Erdgasverbrauchs als Ersatz für Kohle gerechnet wurde. Außerdem gerät der internationale Handel mit Flüssiggas wegen der stark erhöhten europäischen Importe kurz- bis mittelfristig unter starken Druck.
© dpa-infocom, dpa:221003-99-986421/2