Wegen des Streits über die Elbvertiefung fordert Hamburg vom Bund die Einberufung eines nationalen Hafengipfels. Dabei solle mit den anderen norddeutschen Bundesländern über die Zukunft der Seehäfen gesprochen werden, heißt es in einem Brief von Bürgermeister Peter Tschentscher und Handelskammerpräses Norbert Aust an Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Verkehrsminister Volker Wissing. Das Schreiben liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Zugleich wird der Bund darin wegen der großen Schlickprobleme in der Elbe kritisiert.
»Leider müssen wir darauf hinweisen, dass die Funktionsfähigkeit des Hafens bzw. seine seewärtige Erreichbarkeit derzeit nicht durch geopolitische systemische Rivalen, sondern durch unzureichendes Sedimentmanagement akut beeinträchtigt wird«, heißt es in dem Brief. Hintergrund sei »die Entscheidung der Wasserstraßenverwaltung des Bundes zur Verringerung der nautischen Tiefe der Fahrrinne der Elbe in ihrer Zuständigkeit sowie eine Beschränkung der Stadt Hamburg bei den Sedimentverbringungskapazitäten«.
Die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt des Bundes hatte Anfang des Monats wegen der großen Schlickmengen entschieden, die schiffbare Wassertiefe der Elbe vom 1. Dezember an zunächst bis zum 30. November 2023 um einen Meter einzuschränken. Damit gibt es für große Schiffe auf dem Weg nach Hamburg weniger Spielraum.
Auch politische Widestände vermutet
Ursachen für die Einschränkung sei eine unzureichende personelle und technische Ausstattung der Wasserstraßenverwaltung sowie politische Widerstände gegen Hamburger Pläne, den abgebaggerten Schlick auch in der Nähe der Vogelschutzinsel Scharhörn abzulagern, argumentierten Tschentscher und Aust. Scharhörn gehört zu Hamburg, liegt aber über 100 Kilometer von der Hansestadt entfernt in der Nordsee.
Am Freitag kritisierte auch der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe die Bundesregierung scharf. Unterhaltung und Instandhaltung der Wasserstraßen seien hoheitliche Aufgaben des Bundes, sagte Hauptgeschäftsführer Daniel Hosseus. »In der Realität gelingt dies in keiner Weise zufriedenstellend.« Nicht die Elbvertiefung sei gescheitert, sondern die nachhaltige und verlässliche Unterhaltung der Wasserstraßeninfrastruktur.
Weit von Sollzustand entfernt
»Dass Hamburg dem Bund bei der Unterhaltung der Elbe unter die Arme greifen muss, führt die jahrelange Vernachlässigung beim Aufbau von Personalkapazitäten vor Augen«, klagte Hosseus. Die Elbe sei nur das prominenteste Beispiel. Auch der Nord-Ostsee-Kanal oder der Strelasund in Vorpommern seien weit von ihrem Sollzustand entfernt. Dabei seien die Konsequenzen für Häfen und Schifffahrt enorm. »Es ist in etwa so, wie wenn die Autobahnen A1, die A2 und die A7 alle nur einspurig befahrbar wären - und das über Jahre.«
Der Bund müsse ein nationales Management der Sedimente unter Einbindung der Küstenländer vorantreiben, forderte Hosseus. »Die Häfen sind für die gesamte Wirtschaftsnation schlicht zu wichtig, um passiv zuzuschauen, wie der Streit über Jahre eskaliert.«
Auch der Hamburger Hafen forderte ein rasches Eingreifen des Bundes. »Jetzt ist der Bund in der Pflicht, endlich zu reagieren, um die planfestgestellten Tiefgänge wiederherzustellen. Dafür muss er dringend weitere Kapazitäten zur Verfügung stellen«, sagte der Vorstand der Hafen Hamburg Marketing, Axel Mattern. Mit Blick auf die eingeschränkte Fahrtiefe auf der Elbe sagte er, die Sicherheit des Schiffsverkehrs habe Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen. »Doch auch mit den temporär geringeren Tiefen steht der Hamburger Hafen weiterhin besser da als vor der Anpassung der Fahrrinne.«
Bei dem nationalen Hafengipfel müsse auch über den Einsatz von Landstrom in den Häfen und den Ausbau der Schienenanbindung gesprochen werden, schrieben Tschentscher und Aust in dem Brief, der auch an die Regierungschefs von Niedersachsen, Bremen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern ging. Bund und Länder sollten sich gemeinsam für eine Stärkung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Häfen einsetzen.
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