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Habeck lehnt staatliche Deckelung der Gaspreise ab

Deutschland wird die Preissteigerungen »in der einen oder anderen Form« tragen müssen, sagt der Bundeswirtschaftminister. Die Belastung durch die hohen Gaspreise sollte aber »gerecht« verteilt werden.

Robert Habeck
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck: »Es kommen noch enorme Preiserhöhungen auf uns zu.« Foto: Kay Nietfeld
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck: »Es kommen noch enorme Preiserhöhungen auf uns zu.«
Foto: Kay Nietfeld

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) lehnt angesichts der erwarteten weiteren Verteuerung von Gas eine staatliche Preisdeckelung ab. Die hohen Preissteigerungen seien ein »externer Schock« und könnten vom Staat nicht vollständig aufgefangen werden, sagte Habeck am Mittwoch am Rande der Münchner Handwerksmesse.

»Das wird das Land in der einen oder anderen Form tragen müssen.« Auch ökonomisch wäre ein Preisdeckel nach Einschätzung des Wirtschaftsministers das falsche Signal: »Eine Deckelung der Preise wäre bei einem knappen Gut ein Signal: Energie ist nicht wertvoll, haut raus, was ihr wollt«, sagte Habeck.

»Es kommen noch enorme Preiserhöhungen auf uns zu«, sagte der Grünen-Politiker mit Blick auf den kommenden Winter. Die Bundesregierung will nach Habecks Worten jedoch Sorge tragen, dass die Belastung durch die hohen Gaspreise »gerecht« verteilt wird, ging aber nicht ins Detail. Für eine Deckelung der Gaspreise hatte sich unter anderem die DGB-Bundesvorsitzende Yasmin Fahimi ausgesprochen.

Im ersten Halbjahr sei der Gasverbrauch in Deutschland um 14 Prozent gesunken, sagte Habeck. Auch wenn man wegen des warmen Winters ein wenig von dieser Zahl abziehe, sei der Verbrauch um knapp zehn Prozent niedriger gewesen. Bei der Gasversorgung gebe es kein Marktproblem, da die hohen Preise viel Gas nach Europa »ansaugten«, sagte Habeck. »Es ist ein physikalisches Problem, das Gas muss halt ankommen. (...) Anders als Italien haben wir kein LNG-Terminal.«

Dreifaches Risiko für Wirtschaft

Der steile Anstieg der Energiepreise bedeutet für die deutsche Wirtschaft nach Einschätzung Habecks das dreifache Risiko von Kaufkraftverlust, drohender Kreditklemme und Investitionsschwäche. »Allein aus der Dynamik, die jetzt durch die Spekulation um fossile Energien entsteht, droht schon das Abgleiten in eine Rezession«, sagte Habeck am Mittwoch bei einer Veranstaltung der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) in München. Der vbw-Präsident Wolfram Hatz forderte Habeck zu einer Laufzeitverlängerung der drei letzten deutschen Atomkraftwerke auf, was Habeck ablehnte.

Alle drei Szenarien seien jetzt »noch nicht voll da«, sagte der Wirtschaftsminister. »Sie drohen aber, die deutsche Wirtschaft tief zu treffen, und zwar völlig unabhängig davon, ob Putin den Gashahn komplett abdreht oder nicht.« Das Gute sei, dass die Bundesregierung auf alle drei Szenarien politische Antworten geben könne, um die Kaufkraft zu erhalten, den Kreditfluss aufrecht zu erhalten und Investitionen zu fördern.

Ungefähr 50 Prozent der Gesellschaft liefen »auf eine Situation zu, in der sie weniger verdienen als sie ausgeben«, sagte Habeck zum Kaufkraftverlust. In den Unternehmen gebe es eine wachsende Investitionszurückhaltung, und bei den Banken eine wachsende Zurückhaltung, Kredite zu vergeben. »Neben einer Kaufkraftschwäche droht ein Szenario, bei dem eine Kapital- oder Kreditklemme die ökonomische Kraft dieses Landes bedroht.«

Als drittes Risiko nannte Habeck eine spekulationsgetriebene Einschränkung der Energieversorgung: »Weil man vielleicht denkt, im Dezember, wenn es klar wird, kann ich nicht mehr Rendite machen, und jetzt halte ich die Möglichkeit der Energieversorgung zurück, um noch höhere Preise zu bekommen, dann fehlt auf einmal tatsächlich das Energieangebot.«

© dpa-infocom, dpa:220706-99-928988/4