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Globale Krisen dominieren Weltwirtschaftsforum in Davos

Die Stimmung ist oft gedrückt, teils aber auch hoffnungsvoll zum Start des Weltwirtschaftsforums in den Schweizer Bergen. Fast alles dreht sich um die Kriegsfolgen.

Davos
Die ukrainische First Lady, Olena Selenska, mahnte die Unternehmer, Staats- und Regierungschefs in ihrer Eröffnungsrede eindringlich, ihren Einfluss stärker zugunsten der Ukraine zu nutzen und forderte Waffen wie Investitionen. Foto: Markus Schreiber
Die ukrainische First Lady, Olena Selenska, mahnte die Unternehmer, Staats- und Regierungschefs in ihrer Eröffnungsrede eindringlich, ihren Einfluss stärker zugunsten der Ukraine zu nutzen und forderte Waffen wie Investitionen.
Foto: Markus Schreiber

Die Energiekrise, hohe Inflationsraten und ein Fitnessprogramm für Europas Wirtschaft: Die Folgen des Ukraine-Kriegs haben den ersten Tag des Weltwirtschaftsforums in Davos dominiert. Die ukrainische First Lady, Olena Selenska, mahnte die Unternehmer, Staats- und Regierungschefs in ihrer Eröffnungsrede eindringlich, ihren Einfluss stärker zugunsten der Ukraine zu nutzen und forderte Waffen wie Investitionen. »Wir stehen vor dem Zusammenbruch der Welt, wie wir sie kennen«, sagte die Frau von Präsident Wolodymyr Selenskyj. Dieser will sich am Mittwoch selbst - kurz nach Bundeskanzler Olaf Scholz - an die Teilnehmer des Weltwirtschaftsforums wenden.

Werbung für Panzerlieferungen an die Ukraine

Selenskyj machte bereits im Vorfeld klar, er erwarte in Davos Fortschritte bei Waffenlieferungen an die Ukraine. Sowohl Polens Präsident Andrzej Duda als auch Litauens Staatspräsident Gitanas Nauseda setzten sich für die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern ein. »Wir befinden uns in einer Situation, in der mehr Engagement erforderlich ist, ein stärkeres Engagement erforderlich ist, um gepanzerte Fahrzeuge, Panzer in die Ukraine zu liefern. Und ich hoffe sehr, dass unser starker Verbündeter dies tun wird«, sagte Nauseda an Deutschland gerichtet.

Von der Leyen stellt Industrieplan vor

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will Europas Wirtschaft zum Weltmarktführer für saubere Technologien machen. Dafür sollten ihrer Ansicht nach die Regeln für staatliche Förderung gelockert und zusätzliche EU-Mittel bereitgestellt werden. Außerdem sollen die EU-Länder weniger abhängig von Rohstofflieferungen aus Ländern wie China werden. Umstritten dürfte sein, ob die EU-Staaten für das Programm erneut gemeinsame Schulden aufnehmen sollen.

Von der Leyen reagiert damit auch auf die aus Wettbewerbsgründen umstrittenen Subventionspläne für klimafreundliche Technologien in den USA und in China. »Damit die europäische Industrie attraktiv bleibt, ist es notwendig, mit den Angeboten und Anreizen außerhalb der EU mitzuhalten«, erklärte sie.

Finanzminister Christian Lindner warb für Handelsdiplomatie statt eines Handelskriegs. Ein eigenes, europäisches Subventionsprogramm könne die Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen in Europa gefährden, warnte der FDP-Politiker. »Warum nicht anfangen, über ein globales Handelsabkommen der liberalen Demokratien zu verhandeln?«, sagte er.

Lindner erwartet sinkende Inflation

Der deutsche Finanzminister blickt trotz Energie- und Inflationskrise nicht mehr so pessimistisch in die Zukunft. Er erwarte einen Rückgang der Teuerung, sagte Lindner in Davos. Außerdem seien die Energiepreise nicht mehr so hoch wie befürchtet. Deutschland werde den 200 Milliarden Euro schweren Topf zur Finanzierung der Preisbremsen für Gas und Strom daher voraussichtlich nicht ausschöpfen. »Meine Erwartung ist, dass wir nicht den kompletten Schutzschirm brauchen werden«, sagte Lindner.

Nach Angaben von von der Leyen sind die Gaspreise in Europa schneller gefallen als erwartet. Im Vergleich zu ihrem Höchststand im August von 350 Euro pro Megawattstunde seien die europäischen Erdgaspreise diesen Monat um 80 Prozent gesunken, sagte sie. »Das ist niedriger als vor dem Krieg in der Ukraine.« Ein Grund für die Entwicklung seien die gemeinsamen Anstrengungen der EU.

Pessimismus in den Chefetagen

Sinkenden Energiepreisen zum Trotz erwarten viele Unternehmenschefs ein eher düsteres Jahr. In einer Umfrage der Unternehmensberatung PwC unter mehr als 4400 CEOs gaben fast zwei Drittel an, sie rechneten 2023 mit weniger Wirtschaftswachstum. Besonders pessimistisch zeigten sich Unternehmer in Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Insgesamt 40 Prozent glauben demnach nicht daran, dass ihre Unternehmen in zehn Jahren noch rentabel wirtschaften können. Gründe sind vor allem die Inflation, aber auch geopolitische Risiken und der Klimawandel.

Habeck rückt Klimaschutz in Mittelpunkt

Wirtschaftsminister Robert Habeck machte sich dafür stark, bei internationalen Handelsabkommen mehr auf den Aspekt Klimawandel zu achten. Das sei seiner Meinung nach die Zukunft des Handels, sagte der Grünen-Politiker. Klimafragen und soziale Fragen sollten stärker einbezogen werden, wenn man über Handel spreche. Um Probleme wie die Klimakrise zu lösen, brauche es eine globale Zusammenarbeit.

Chinas Vizepremier trotz Corona-Welle optimistisch

Positive Aussichten präsentierte Chinas Vizepremier Liu He - und das trotz der anhaltenden Corona-Infektionswelle in seinem Land. Der Höhepunkt der Ansteckung sei überschritten, sagte der für die Wirtschaft zuständige Politiker in Davos. »Das Leben in China hat sich wieder normalisiert.« Er war der erste chinesische Spitzenpolitiker, der seit Beginn der Pandemie wieder persönlich auf dem Forum auftrat. Dort warb er um Vertrauen in Chinas Wirtschaftskurs und mehr Kooperation.

© dpa-infocom, dpa:230117-99-249662/8