Logo
Aktuell Wirtschaft

Gericht: Inkassogebaren von Otto-Tochterfirma rechtswidrig

Schuldner müssen nicht mehr alle Inkassogebühren hinnehmen. Das Hanseatische Oberlandesgericht hat die bisherige Praxis des Otto-Group-Unternehmens EOS Investment GmbH für rechtswidrig erklärt.

Otto Group
Das Logo des Otto Konzerns an der Konzernzentrale in Hamburg. Foto: Daniel Reinhardt
Das Logo des Otto Konzerns an der Konzernzentrale in Hamburg.
Foto: Daniel Reinhardt

Das Inkasso-Gebaren des Otto-Group-Unternehmens EOS Investment GmbH ist laut einem Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts rechtswidrig. Die Richter gaben am Donnerstag der Musterfeststellungsklage des Verbraucherzentrale-Bundesverbands (vzbv) statt, wie das Gericht mitteilte. Bislang lässt sich die EOS Investment GmbH offene Forderungen von Unternehmen der Otto Group und Drittunternehmen abtreten, zieht sie dann aber nicht selbst ein, sondern überlässt dies dem spezialisierten Schwesterunternehmen EOS Deutscher Inkasso-Dienst GmbH (EOS DID GmbH). Die dafür entstehenden Inkassokosten stellt sie dann den säumigen Verbrauchern in Rechnung, was die Verbraucherzentrale für rechtswidrig hält.

Nach Überzeugung des Gerichts stellen diese Kosten tatsächlich keinen ersatzfähigen Verzugsschaden der Beklagten dar. Entsprechend müssten die in der Musterfeststellungsklage benannten 15 Verbraucher die von ihnen verlangten Inkassokosten auch nicht zahlen und könnten bereits geleistete Zahlungen zurückfordern. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die EOS Investment GmbH kündigte noch am Donnerstag an, beim Bundesgerichtshof in Revision zu gehen. Das Oberlandesgericht hatte dieses Rechtsmittel wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache ausdrücklich zugelassen.

Honorare wie beim Rechtsanwalt

Nach Gerichtsangaben verlangte die EOS Investment GmbH für die Tätigkeit des Schwesterunternehmens EOS DID GmbH von den Verbrauchern Summen in Höhe von Rechtsanwaltshonoraren. Die Verbraucher seien zwar sämtlich mit ihren Zahlungen in Verzug und deshalb grundsätzlich zum Ersatz von Rechtsverfolgungskosten verpflichtet gewesen, erklärte das Gericht. Allerdings gelte dies nur, wenn diese Kosten auch tatsächlich anfallen. Das ist nach Auffassung des Gerichts aber wegen der zwischen den beiden Unternehmen vereinbarten Vergütungsstruktur nicht der Fall. Es handele sich lediglich um eine fiktive Schadensposition, für die kein Ersatz beansprucht werden könne.

Das Urteil reicht über die 15 Einzelfälle hinaus. Es wirke auch für Verbraucher, die sich in das beim Bundesamt für Justiz geführte Klageregister haben eintragen lassen. Für das Musterfeststellungsverfahren hatten nach Gerichtsangaben rund 680 Verbraucherinnen und Verbraucher Ansprüche angemeldet.

»Unternehmen dürfen sich nicht auf dem Rücken von Verbraucher/innen bereichern«, teilte vzbv-Vorständin Ramona Pop mit. Viele der betroffenen Verbraucher stünden finanziell ohnehin schon stark unter Druck. »Ihnen künstlich erhöhte Kosten durch Inkassobüros abzuknüpfen, darf nicht sein.« Es sei daher gut, dass das Oberlandesgericht dem nun einen Riegel vorgeschoben habe. »Das Urteil ist ein Signal für die gesamte Branche: Auch andere Unternehmen müssen sich daran orientieren«, sagte Pop.

Das Urteil verstoße gegen wesentliche Grundprinzipien des deutschen Schadenersatzrechts, begründete dagegen der Leiter der EOS-Rechtsabteilung in Deutschland, Hendrik Aßmus, die Revision. Das Oberlandesgericht habe wesentliche Punkte außer Acht gelassen. So habe in allen Fällen unstrittig ein Zahlungsverzug vorgelegen. »Bei der Bearbeitung dieser Forderungen sind Kosten entstanden, die nach unserem Rechtsverständnis der säumige Zahler zu tragen hat.« Schließlich sei er seiner Pflicht zur fristgerechten Bezahlung nicht nachgekommen. Mit einem Urteil des Bundesgerichtshofs rechne EOS frühestens im kommenden Jahr.

© dpa-infocom, dpa:230615-99-69708/2