KARLSRUHE. Banken und Sparkassen dürfen von ihren Kunden fürs Abheben und Einzahlen am Schalter grundsätzlich eine Extra-Gebühr kassieren.
Diese darf aber nur so hoch sein wie die tatsächlich entstandenen Kosten, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschied. Verlangt die Bank mehr, ist die entsprechende Klausel im Preisverzeichnis unwirksam. Kunden könnten dann die zu Unrecht kassierte Gebühr zurückfordern. (Az. XI ZR 768/17)
Teil eins des Urteils bedeutet für Bankkunden eine Verschlechterung. Denn früher, in den 1990er Jahren, hatte der BGH die Auffassung vertreten, dass eine Gebühr fürs Abheben am Schalter nur zulässig ist, wenn fünf Transaktionen im Monat kostenlos möglich sind.
Allerdings hat sich 2009 mit der Umsetzung einer EU-Richtlinie die Rechtslage geändert. Seither darf für jeden Zahlungsdienst ein Entgelt verlangt werden. Dazu gehörten ausdrücklich auch Ein- und Auszahlungen, erläuterte der Vorsitzende Richter Jürgen Ellenberger. Ein generelles Verbot von Extra-Gebühren sei damit nicht vereinbar.
»Damit ist der Fall aber noch nicht zu Ende«, sagte Ellenberger bei der Verkündung des Urteils. Denn eine andere Vorschrift, die seit 2014 im Bürgerlichen Gesetzbuch steht, ermöglicht es den Gerichten, zum Schutz der Kunden die Höhe der Schaltergebühr zu kontrollieren.
Maximal zulässig ist danach ein Entgelt, das nicht »über die Kosten hinausgeht, die dem Unternehmer durch die Nutzung des Zahlungsmittels entstehen«. Alle anderen Kosten dürfen dem Kunden nicht aufgebrummt werden - zum Beispiel für Personal allgemein, Schulungen oder Geräte.
In dem Fall vor dem BGH hatte die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs die Sparkasse im schwäbischen Günzburg verklagt. Ein Kunde hatte sich beschwert, weil die Buchung am Schalter dort je nach Kontomodell einen oder zwei Euro kostet - zusätzlich zum Grundpreis. Nur beim teuersten Girokonto für 14,90 Euro im Monat ist der Service inklusive. Allen anderen Kunden bleibt der Gang zum Automaten. Dort konnte der Mann aber maximal 1500 Euro am Tag abheben.
Die Wettbewerbszentrale wollte durchsetzen, dass jeder Kunde, egal mit welchem Konto, auch eine größere Summe ohne Abzüge abheben kann. In diesem Punkt ist die Klage gescheitert. Das Oberlandesgericht (OLG) München muss nun aber noch einmal prüfen, ob die Sparkasse mit ihren Schaltergebühren tatsächlich nur ihre Kosten deckt.
Dabei sei ein sehr strenger Maßstab anzulegen, sagte Ellenberger, die Bank müsse ihre Preise ganz konkret begründen. Er machte auch schon deutlich, dass der BGH die Preisgestaltung in Günzburg kritisch sieht: Dass die Sparkasse für den gleichen Vorgang von einigen Kunden einen Euro verlange und von anderen zwei, könnte problematisch sein.
»Auf die Begründung dafür bin ich gespannt«, sagte Anwalt Peter Breun-Goerke von der Wettbewerbszentrale, der das Urteil als Erfolg wertete. Dass der BGH daran festhalte, dass eine Überprüfung von Bankentgelten grundsätzlich möglich ist, sei positiv.
Die Deutsche Kreditwirtschaft als zentrale Interessenvertretung der fünf Banken-Spitzenverbände erklärte, eine abschließende Bewertung sei erst möglich, wenn der BGH seine schriftlichen Entscheidungsgründe veröffentliche. Das dauert üblicherweise mehrere Wochen. »Wegen noch offener Detailfragen zur Höhe des Entgeltes« sei der weitere Gang des Verfahrens abzuwarten, wurde auch im Namen des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) mitgeteilt.
Nach Breun-Goerkes Beobachtung ist die Schaltergebühr in Günzburg kein Einzelfall. Relativ viele Institute hätten solche Entgelte eingeführt - nicht nur Sparkassen, sondern auch andere Banken.
Der DSGV hat nach eigenen Angaben keinen Überblick. Bei insgesamt 384 Sparkassen liege die Erhebung von Entgelten in der Verantwortung jedes einzelnen Instituts, hatte ein Sprecher vor der Verhandlung Mitte Mai erklärt. In ihrem gemeinsamen Internetauftritt begründen die Sparkassen Preismodelle wie in Günzburg aber schon seit geraumer Zeit mit der Niedrigzinsphase. Ausgaben ließen sich schwerer decken, ein Teil der Kosten müsse an die Kunden weitergegeben werden. Wer nur selten zusätzliche Leistungen in Anspruch nehme, könne sich für ein Girokonto mit niedrigem Grundpreis entscheiden und spare so Geld.
Sollte das OLG München die Schaltergebühr beanstanden, würden davon zunächst nur Kunden der Sparkasse Günzburg-Krumbach profitieren.
An sich müsste die Preisgestaltung jeder Bank einzeln gerichtlich überprüft werden, erläuterte Breun-Goerke. Er geht allerdings davon aus, dass die Institute an solchen Prozessen kein Interesse hätten und ihre Gebühren nach den ersten Urteilen entsprechend anpassen würden. »Wenn nicht, kann der Kunde immer noch mit den Füßen abstimmen und sagen: Ich gehe zu der Bank, wo das nichts kostet.«
Die Verbraucherzentrale Bremen teilte mit, dass drei bis vier Barauszahlungen im Monat aus ihrer Sicht eigentlich kostenfrei sein sollten. Dass die Höhe des Entgelts überprüft werden soll, sei aber positiv. »Denn gerade für finanziell schwächere Verbraucherinnen und Verbraucher und welche, die kein Online-Banking nutzen, treiben die Buchungsgebühren die Kosten für ein einfaches Girokonto in die Höhe.« (dpa)