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Gaskrise verstärkt Dax-Talfahrt

Die sich zuspitzende Gaskrise hat den Dax am Donnerstag auf ein neues Tief seit Anfang März geschickt. Der schwache US-Börsenstart tat ein Übriges, sodass der deutsche Leitindex zeitweise bis knapp über 12.600 Punkte absackte.

Dax
Der Dax ist der wichtigste Aktienindex in Deutschland. Foto: Fredrik von Erichsen
Der Dax ist der wichtigste Aktienindex in Deutschland.
Foto: Fredrik von Erichsen

Bis Handelsschluss kam eine kleine Entspannung in die Börsen. Der Dax ging letztlich mit einem Abschlag von 1,69 Prozent auf 12.783,77 Punkte aus dem Tag.

Die Halbjahresbilanz bleibt allerdings ernüchternd mit einem Verlust von 19,5 Prozent. Das noch im November erreichte Rekordhoch bei knapp unter 16.300 Punkten ist in weite Ferne gerückt. Während zu Jahresbeginn zunächst die erwartete Zinswende in den USA belastet hatte, kamen rasch weitere Sorgen hinzu: der Krieg in der Ukraine sowie die rasante Teuerung insbesondere im Energie- und Lebensmittelbereich und die Furcht vor einer Rezession.

Der MDax büßte am Donnerstag 2,11 Prozent ein auf 25.823,45 Zähler. Europaweit und in den USA ging es ebenfalls abwärts. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 büßte 1,69 Prozent auf 3454,86 Punkte ein. In den USA gab der Dow Jones Industrial zum Börsenschluss in Europa rund ein Prozent ab.

Positive Wirtschaftssignale aus China halfen den Aktienmärkten nicht. Stattdessen beunruhigt die sich hierzulande verschärfende Gaskrise immer mehr Marktteilnehmer weltweit. Es sei längst nicht nur ein europäisches Problem, vielmehr sei die ganze Welt Geisel der Energiesituation in Deutschland, schrieb Experte Stephen Innes vom Vermögensverwalter SPI Asset Management. Sollte der Gasnotstand nicht bald gelöst werden, könnte dies eine tiefere globale Energiekrise zur Folge haben.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) befürchtet inzwischen ein vollständiges Ausbleiben russischer Gaslieferungen durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream. Mitte Juni hatte Russland unter Verweis auf technische Probleme die Lieferungen bereits stark gedrosselt. Den Energieversorger Uniper bringt dies in schwere Bedrängnis.

Nachdem schon im ersten Quartal Milliardenverluste aufgelaufen waren, hat sich die Situation inzwischen weiter verschärft. Uniper sandte daher einen Hilferuf an den Bund und strich am Mittwochabend auch sein Gewinnziel für 2022. Die Aktie brach um 14,4 Prozent ein und zog die Anteile von RWE und Eon mit nach unten.

»Mit Uniper hat heute nicht irgendein Unternehmen seine Jahresprognose einkassiert und sich in Gespräche mit der Bundesregierung über Stabilisierungsmaßnahmen begeben. Der Energieversorger steht symptomatisch für die Krise, die der deutschen Wirtschaft durch den schlichten Mangel an Gas in den kommenden Monaten ins Haus stehen dürfte«, erklärte Marktanalyst Jochen Stanzl von CMC Markets.

SAP nahmen mit einem Minus von zeitweise 6,5 Prozent Kurs auf ihr Coronatief im März 2020 und erholten sich dann etwas. Den Tag beendeten die Software-Papiere mit minus 3,6 Prozent. Eine negative Studie der französischen Investmentbank Exane BNP Paribas drückte auf die Stimmung. Die Anlagestory bleibe kompliziert, schrieb Analyst Stefan Slowinski. Er sieht Nachfragerisiken, weil Investitionen in Software zunehmend auf den Prüfstand gestellt werden dürften. Auch andere Technologieaktien wie etwa Infineon oder Suse gaben überdurchschnittlich nach.

Düstere Konjunkturaussichten belasteten auch Aktien aus dem Automobilsektor überdurchschnittlich. Die Branche leidet bereits unter einem Mangel an Halbleitern und Lieferkettenproblemen. Eine drohende Rezession in den USA und in der Eurozone trübt die Perspektiven weiter ein. Im Dax lagen die Porsche-Holding, Mercedes-Benz und VW mit Abschlägen zwischen 4,1 und 5,2 Prozent hinten.

Auch Immobilienwerte haben angesichts der steigenden Zinsen weiter einen schweren Stand. Grand City, Adler und Aroundtown verloren jeweils etwas mehr als 10 Prozent. Aroundtown wurden allerdings mit Dividendenabschlag gehandelt.

Der Euro fiel zeitweise unter 1,04 US-Dollar, notierte am frühen Abend dann aber wieder bei 1,0469 Dollar. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0387 (Mittwoch: 1,0517) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9627 (0,9508) Euro. Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von 1,49 Prozent am Vortag auf 1,32 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,92 Prozent auf 133,21 Punkte. Der Bund-Future gewann 1,50 Prozent auf 149,01 Punkte.

© dpa-infocom, dpa:220630-99-857496/7