Logo
Aktuell Wirtschaft

Gas- und Strompreise steigen trotz Entlastungen weiter

Strom und Gas sind auch im zweiten Halbjahr 2022 teurer geworden. Trotz fallender Großhandelspreise dürften die Verbraucherpreise weiterhin hoch bleiben und sogar noch steigen, sagt ein Ökonom.

Gasherd
Die Gaspreise haben im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 36,7 Prozent hinzugelegt. Foto: Frank Rumpenhorst
Die Gaspreise haben im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 36,7 Prozent hinzugelegt.
Foto: Frank Rumpenhorst

Die Preise für Gas und Strom für Verbraucher in Deutschland sind im zweiten Halbjahr 2022 noch einmal stark gestiegen.

Für private Haushalte kletterte der Gaspreis im Vergleich zur ersten Jahreshälfte durchschnittlich um 16,2 Prozent auf 9,34 Cent pro Kilowattstunde, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden berichtete. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum legten die Gaspreise um 36,7 Prozent zu.

Die Strompreise erhöhten sich demnach weniger deutlich. Private Haushalte zahlten 4,4 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2022 und damit durchschnittlich 34,96 Cent pro Kilowattstunde. Verglichen mit dem Vorjahreszeitraum ergab sich ein Plus von 6,4 Prozent. Entlastungen wie die Dezember-Soforthilfe der Bundesregierung, durch die deutsche Haushalte mit Gas oder Fernwärme den Dezemberabschlag erlassen bekamen, aber auch die Reduzierung des Umsatzsteuersatzes und der Wegfall der EEG-Umlage sind dabei berücksichtigt.

»Ausmaß des Energiepreisschocks des vergangenen Jahres«

»Der gemeldete Anstieg der Strom- und Gaspreise für das zweite Halbjahr 2022 demonstriert das Ausmaß des Energiepreisschocks des vergangenen Jahres: Sowohl für Gas als auch für Strom zahlten die Privathaushalte im zweiten Halbjahr Rekordpreise«, sagte Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung. Die Preisanstiege seien entscheidend für die derzeit beobachtete hohe Inflation in Deutschland verantwortlich. Auch die steigenden Verbraucherpreise resultierten aus den hohen Energiekosten.

Der Preisanstieg für Verbraucher zeigt sich gegensätzlich zu den momentan sinkenden Großhandelspreisen. Waren die stark gestiegenen Beschaffungspreise für Strom und Gas in den vergangenen Monaten die Hauptursache für Preiserhöhungen, fallen die Großhandelspreise derzeit. Preissenkungen für Verbraucher scheinen zunächst trotzdem nicht in Sicht. »Preisveränderungen im Großhandel schlagen sich nur mit Verzögerung in den Preisen für die Privathaushalte nieder, weil Verträge üblicherweise dort längere Laufzeiten haben«, erklärte Dullien.

Auch die deutsche Industrie wartet auf sinkende Energiepreise

Der starke Anstieg der Großhandelspreise von Gas im zweiten Halbjahr 2022 habe sich im vergangenen Jahr noch nicht vollständig in den Endpreisen niedergeschlagen. Daher könnten die Gaspreise für Kunden sogar noch steigen, erwartet der Ökonom. Auch die Bundesnetzagentur hatte mit Blick auf die Laufzeit von Verträgen und die Einkaufsstrategie der Unternehmen bereits im März erklärt, dass Verbraucher erst in sechs bis zwölf Monaten von gesunkenen Großhandelspreisen für Gas und Strom profitieren werden.

Auch die deutsche Industrie wartet auf sinkende Energiepreise. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts zahlten Nicht-Haushaltskunden wie Unternehmen und Behörden für Gas im zweiten Halbjahr 25,3 Prozent mehr als noch im ersten Halbjahr 2022. Im Durchschnitt waren es 8,06 Cent je Kilowattstunde Gas. Strom kostete für Nicht-Haushaltskunden ebenso wie für die privaten Haushalte 4,4 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2022. Damit zahlten sie im zweiten Halbjahr durchschnittlich 20,74 Cent pro Kilowattstunde Strom.

»Seit dem zweiten Halbjahr 2019, also unmittelbar vor der Corona-Pandemie, sind die Strompreise für Großverbraucher unter den Unternehmen um rund 50 Prozent gestiegen«, erklärte Dullien. Ähnliches gelte auch für die Gaspreise. »Das belastet die internationale Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere mit Konkurrenten in Ländern mit billigerer Energie.«

© dpa-infocom, dpa:230417-99-343363/3