FRANKFURT/MAIN. Am Frankfurter Flughafen laufen die Vorbereitungen zur Verteilung des Corona-Impfstoffes auf vollen Touren.
In den »Cargo-Cities« im Norden und Süden des Geländes sind alle Mitarbeiter an Bord, denn auch ohne den Corona-Impfstoff brummt am größten deutschen Flughafen die Fracht. Im Oktober lag die beförderte Menge erstmals seit 15 Monaten mit gut 178.000 Tonnen wieder über dem Wert aus dem entsprechenden Vorjahresmonat, wie der Betreiber Fraport am Donnerstag berichtete. Die Wirtschaftskrise scheint in diesem Teilbereich überwunden.
Eine weitere kleine Sonderkonjunktur erwarten sich Fraport wie auch Lufthansa Cargo als größte Airline am Platz durch die kurz vor der Zulassung stehenden Corona-Impfstoffe. »Wir bereiten uns auf Im- und Export gleichermaßen vor«, sagt Fraport-Manager Max Philipp Conrady. »Wir wissen ja noch nicht, was kommt und was wo produziert wird.« Von der Menge her sei der Corona-Impfstoff keine übergroße Herausforderung, benötige aber wie alle temperatursensible Fracht besonders hohen Aufwand und Sorgfalt.
Besonders wichtig ist bei Medikamenten eine ununterbrochene Kühlkette: Grundsätzlich gibt es drei international definierte Temperaturbereiche zwischen +25 und -20 Grad Celsius, sowie den Ultratiefkühlbereich bis zu -80 Grad. Aktuell stehen am Flughafen rund 13 500 Quadratmeter »temperaturgeführte« Umschlagkapazitäten zur Verfügung, weitere 500 Quadratmeter seien kurz vor der Inbetriebnahme. Für den Transport über das Vorfeld könnten 20 moderne Thermotransporter eingesetzt werden. Im vergangenen Jahr wurden an dem größten deutschen Frachtflughafen rund 120.000 Tonnen Impfstoffe, Arzneimittel und andere Pharma-Produkte umgeschlagen.
Den Löwenanteil hat die Lufthansa Cargo geflogen, die an ihrem Drehkreuz Europas größtes Pharma-Umschlagzentrum installiert hat. Dazu kommen weltweit rund 200 Stationen, die auf den Transport von Medikamenten vorbereitet und zertifiziert sind, weil Lufthansa sich frühzeitig auf den lukrativen Pharma-Teilmarkt spezialisiert hat, der rund 10 Prozent zum Umsatz beiträgt. Im vergangenen Jahr kamen fast 100 000 Tonnen Fracht zusammen.
Die Lufthansa-Frachtsparte hat nach Angaben einer Sprecherin zur anstehenden Verteilung der Corona-Impfstoffe eine Task Force errichtet, die sich mit Spediteuren, Pharmaherstellern, weiteren Partnern und den Behörden abstimmt. »Mit unserer Frachterflotte können wir bei Nachfrageverschiebungen grundsätzlich flexibel nachsteuern und gegebenenfalls mit Passagiermaschinen nochmals Kapazität ergänzen«, sagt sie.
Der Impfstoff der Mainzer Biontech beispielsweise muss dauerhaft bei einer Temperatur von minus 80 Grad gelagert werden. »Very deep frozen« nennen das die Logistiker. Und das bedeutet Lagerung im flüssigen Stickstoff - ein Gefahrgut, das nur abseits der Passagierströme in reinen Frachtmaschinen geflogen werden darf.
Dass Frankfurt eine zentrale Rolle bei der Verteilung des Impfstoffes spielen wird, steht für Fraport-Mann Conrady außer Frage. Die zentrale Lage, die einschlägige Infrastruktur auch für größere Mengen einschließlich Sicherheitsreserven und schließlich die Expertise der beteiligten Partner - am Frankfurter Flughafen führe in Sachen Impfstoff kein Weg vorbei.
»Der Oktober ist sehr gut gelaufen, und der November lässt sich mindestens genauso gut an«, sagt Fraport-Manager Conrady zur allgemeinen Entwicklung. Dass die Vorjahresmengen übertroffen wurden, obwohl zahlreiche Zuladungsmöglichkeiten in Passagierflugzeugen entfallen sind, zeige den Wandel am größten deutschen Drehkreuz. Reine Frachtflüge haben um mehr als 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zugelegt. Nach dem Platzhirsch Lufthansa Cargo und der russischen AirBridgeCargo sind aktuell China Southern und Air China die größten Kunden.
Wie bereits im Frühjahr sind auch die »Prachter« zurück, provisorisch zu Frachtern umfunktionierte Passagierflugzeuge. Kurzarbeit sei in der Fracht ein Fremdwort - egal ob beim Flughafenbetreiber, den Fluggesellschaften, den Speditionen oder Abwicklern, sagt Conrady. »Wir haben alle Hände an Deck.« Der Flughafen fährt frachtseitig unter Volllast, vor allem an den Wochenenden passt kaum noch was rein. Zeitlich manchmal flexiblere Charterflüge werden in der Folge gezielt auf andere Tage oder Tageszeiten gelegt. (dpa)