Die EU-Kommission lockert eine Umweltauflage für europäische Bauern, obwohl sie dabei keine Mehrheit der EU-Staaten unterstützt. Rückwirkend zum 1. Januar wird die Vorgabe ausgesetzt, vier Prozent des Ackerlandes brachliegen zu lassen oder unproduktiv zu nutzen, wie die Brüsseler-Behörde am Dienstag mitteilte. Durch die Auflage, Flächen etwa brachliegen zu lassen, soll eigentlich die Umwelt geschützt werden.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) kritisierte: »Mit dieser Verpflichtung sollte das anhaltende Artenaussterben in unseren Agrarlandschaften gebremst werden.« Sie setze sich dafür ein, dass die Ausnahmen in Deutschland nicht umgesetzt würden. Der Deutsche Bauernverband fordert hingegen, dass die Ausnahme zügig und vollständig auf den Weg gebracht wird. Deutschland könne der Kommission bis spätestens 29. Februar mitteilen, ob von der Option Gebrauch gemacht werde.
Die Proteste der Bauern zeigen Wirkung
Voraussetzung, die Ausnahme in Anspruch nehmen zu können, ist den Angaben der Kommission zufolge, dass Bauern im Gegenzug auf vier Prozent ihrer Ackerflächen stickstoffbindende Pflanzen wie Linsen oder Erbsen beziehungsweise Zwischenfrüchte anbauen. In einem ersten Vorschlag war noch von sieben Prozent Ackerfläche für stickstoffbindende Pflanzen die Rede. Wie ein Sprecher der EU-Kommission auf Nachfrage erklärte, habe man diese Vorgabe nach Rücksprache mit EU-Staaten abgesenkt, um Landwirten mehr Flexibilität zu ermöglichen.
Noch am Freitag hatte es nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums allerdings keine Mehrheit unter den EU-Staaten für das Vorhaben gegeben. »Das Abstimmungsergebnis ist die Quittung für den aktuellen Zickzackkurs der Kommission«, sagte Ressortchef Cem Özdemir (Grüne) laut Mitteilung. Da im zuständigen Ausschuss weder eine ausreichende Mehrheit der EU-Staaten für noch gegen das Vorhaben gefunden wurde, konnte die EU-Kommission die Ausnahmen eigenständig in Kraft setzen.
Mit den Ausnahmen kommt die EU-Kommission unter der Leitung von Ursula von der Leyen Forderungen protestierender Landwirt entgegen. In mehreren EU-Ländern hatten Bauern - teils gewaltsam - in den vergangenen Wochen ihren Unmut unter anderem gegen Umweltauflagen aus Brüssel kundgetan.
Ob deutsche Bäuerinnen und Bauern von der Ausnahme Gebrauch machen können, liegt nun in den Händen der Bundesregierung. Der Vorsitzende des Agrarausschusses des EU-Parlaments, Norbert Lins, fordert von Özdemir, die Ausnahmen zeitnah umzusetzen. Der CDU-Politiker sieht in der Ausnahmeregel ein gutes Zeichen für die europäische Landwirtschaft.
Die Entscheidung mache es möglich, dass letzte verbliebene Rückzugsräume vieler Arten in der Agrarlandschaft geschreddert werden können, kritisierte die Umweltorganisation Greenpeace. »Bundesminister Özdemir muss jetzt standhaft bleiben und darf diesen Unsinn nicht auch noch in Deutschland mitmachen«, teilte Greenpeace mit.
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