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Energiekrise trifft Bundesländer unterschiedlich stark

Die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt dürfte unter der Gaskrise besonders leiden, heißt es in einer neuen Studie. Das hat mit der Struktur der Unternehmen vor Ort zu tun.

BASF
Zur energieintensiven Industrie gehört der Chemiekonzern BASF in Ludwigshafen. Foto: Uwe Anspach
Zur energieintensiven Industrie gehört der Chemiekonzern BASF in Ludwigshafen.
Foto: Uwe Anspach

Die Bundesländer in Deutschland bekommen die Energiekrise einer Studie zufolge wirtschaftlich unterschiedlich stark zu spüren. Die Folgen von teurem Gas treffen laut der Rating-Agentur Scope vor allem Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt sowie mit etwas Abstand Hessen und Nordrhein-Westfalen. In all diesen Ländern ist die Chemieindustrie relativ stark vertreten.

Die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen, wo der Dienstleistungssektor eine große Rolle spielt, leiden indes weniger unter der Krise, heißt es. Auch Bayern und Baden-Württemberg mit ihrer starken Wirtschaft kommen eher glimpflich davon. Dort ist die Autobranche stark präsent, die energieintensive Industrie weniger.

Scope hat analysiert, wie hoch der Anteil der energieintensiven Branchen an der Bruttowertschöpfung in den Ländern ist und welche Rolle Gas im Energieverbrauch spielt. Zu den energieintensiven Branchen zählt Scope etwa die Chemieindustrie, Basismetall-Hersteller, Öl-Raffinerien und die Papierindustrie. Ihr Anteil ist in Rheinland-Pfalz (knapp 10 Prozent) und Sachsen-Anhalt (gut 7 Prozent) besonders groß: Im pfälzischen Ludwigshafen sitzt der Chemieriese und Gasgroßverbraucher BASF und Sachsen-Anhalt hat mit Bitterfeld und Leuna bedeutsame Chemie-Standorte. Auch die Papierindustrie ist in beiden Ländern relativ stark ausgeprägt.

Scope schätzt, dass wegen der Energiekrise und Produktionsrückgängen in betroffenen Branchen die Bruttowertschöpfung in Rheinland-Pfalz in diesem und im nächsten Jahr insgesamt um 1,2 Prozent schrumpft. Für Sachsen-Anhalt gehen die Experten von minus 0,9 Prozent aus. Die Bruttowertschöpfung wird durch Abzug der Vorleistungen von den Produktionswerten errechnet. Sie umfasst demnach nur den im Produktionsprozess geschaffenen Mehrwert.

Weniger Einbußen bei der gesamtwirtschaftlichen Produktion dürften Nordrhein-Westfalen (-0,7 Prozent) und Hessen (-0,6 Prozent) haben. Dort ist die Chemiebranche beziehungsweise die Stahlindustrie ebenfalls wichtig, die Wirtschaft aber breiter aufgestellt. In Bayern und Baden-Württemberg liegen die vorhergesagten Einbußen bei 0,3 beziehungsweise 0,4 Prozent, wenngleich dahinter große absolute Summen stehen.

»Rückgänge in der Bruttowertschöpfung von rund einem Prozent klingen wenig, sind aber deutlich«, sagt Julian Zimmermann, der bei Scope die Ratings für Bundesländer verantwortet. »In absoluten Zahlen geht der Effekt in die Milliarden.« Bundesweit schätzt Scope die Bruttowertschöpfungsverluste wegen der energieintensiven Industrien auf rund 15,6 Milliarden Euro für dieses und nächstes Jahr.

Die Länder würden die Rückgänge dennoch verkraften, meint Zimmermann. So werde die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz dieses Jahr zulegen, auch weil sie der stark wachsende Corona-Impfstoffhersteller Biontech beflügelt. Auch die Haushalte der Länder sieht Scope nicht in Gefahr: Sie profitierten von den Rettungsprogrammen des Bundes.

© dpa-infocom, dpa:221021-99-204747/3