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Elon Musk kommt doch nicht in Twitter-Verwaltungsrat

Mit Elon Musk als Großaktionär wird es bei Twitter nicht langweilig: Erst soll der Milliardär in den Verwaltungsrat einziehen, dann doch nicht. Unterdessen gibt er Empfehlungen zur Geschäftsstrategie, natürlich per Tweet.

Elon Musk
Tesla-Chef Elon Musk bei einem Pressetermin in der neuen Giga-Fabrik in Grünheide. Foto: Patrick Pleul
Tesla-Chef Elon Musk bei einem Pressetermin in der neuen Giga-Fabrik in Grünheide.
Foto: Patrick Pleul

In einer außergewöhnlichen Kehrtwende wird Tech-Milliardär Elon Musk doch keinen offiziellen Posten bei Twitter wahrnehmen. Der Einzug des größten Aktionärs des Dienstes in den Verwaltungsrat ist weniger als eine Woche nach der Ankündigung geplatzt.

Die Ernennung habe offiziell am 9. April in Kraft treten sollen, »aber Elon teilte noch am selben Morgen mit, dass er dem Verwaltungsrat nicht mehr beitreten wird«, schrieb Twitter-Chef Parag Agrawal in der Nacht zum Montag. »Ich glaube, dass dies das Beste ist.« Man werde weiterhin offen für Musks Beitrag sein. Dies gelte generell für alle Anteilseigner, schränkte er zugleich ein.

Die Entwicklung könnte die Tür für neuen Druck Musks auf das Twitter-Management öffnen - bis hin zum Versuch einer feindlichen Übernahme. In einer neuen Mitteilung an die US-Börsenaufsicht SEC behielt sich Musk das Recht vor, seine Beteiligung zu verändern sowie mit Verwaltungsrat und Chefetage von Twitter über die Strategie zu sprechen.

Für Musk fallen mit dem Verzicht auf den Verwaltungsrats-Posten Einschränkungen auf den Ausbau seiner Twitter-Beteiligung. Er hatte sich verpflichtet, als Verwaltungsratsmitglied nicht mehr als 14,9 Prozent zu halten. Ein großer Teil der Twitter-Anteile liegt bei Großaktionären aus der Finanzbranche, darunter der Bank Morgan Stanley. Die Twitter-Aktie, die nach Bekanntwerden von Musks Einstieg bei der Firma um mehr als ein Viertel hochgesprungen war, gab zum Auftakt des regulären US-Handels am Montag um rund ein Prozent nach.

Anfang April war bekannt geworden, dass Musk mit einer Beteiligung von 9,2 Prozent zum größten Aktionär von Twitter wurde. Zunächst hatte es so ausgesehen, als wolle er sich mit einer passiven Rolle als Investor begnügen. Dann wurde am Dienstag vergangener Woche jedoch seine Einberufung in den Verwaltungsrat der Firma angekündigt. Voraussetzung dafür seien eine Hintergrundüberprüfung und eine formelle Einwilligung gewesen, schrieb Agrawal weiter. Musk reagierte mit einem kurz darauf wieder gelöschten Tweet mit einem Emoji, das ein Gesicht mit Hand vor dem Mund zeigt.

Die Verwaltungsrat in US-Unternehmen spielt zum einen eine kontrollierende Rolle ähnlich wie die deutschen Aufsichtsräte - hat zudem aber auch stärkeren Einfluss auf die Strategie. Der »Washington Post« zufolge hatten sich Twitter-Beschäftigte besorgt gezeigt, dass Musk einen negativen Einfluss auf die Atmosphäre im Unternehmen haben könne.

Zudem könnte der Ablauf seines Einstiegs die SEC auf den Plan rufen: Musk gab das Überschreiten des Anteils von fünf Prozent später als vorgeschrieben bekannt und machte auch nicht gleich die Verwaltungsrats-Pläne öffentlich. Er ist bereits in einem Dauerstreit mit der SEC.

Musk twittert provokant zu Twitter

Musk setzte am Wochenende diverse Tweets zu Twitter und zur Geschäftsstrategie des Dienstes ab. »Stirbt Twitter?«, schrieb er unter anderem provokant am Samstag. Dazu stellte er die Liste der zehn Twitter-Konten mit den meisten Followern und beklagte: »Die meisten dieser «Top»-Accounts twittern selten und posten nur sehr wenige Inhalte.« Er selbst steht mit 81 Millionen Abonnenten auf Platz acht der Rangliste.

Am Sonntag fragte Musk Twitter-Nutzer in einer später gelöschten Umfrage, ob die Zentrale des Kurznachrichtendienstes in eine Obdachlosen-Unterkunft umgewandelt werden solle, da eh niemand dort zur Arbeit auftauche. Twitter versicherte seinen Beschäftigten, dass sie auch nach der Pandemie weiterhin, soweit es in ihren Jobs möglich ist, von überall arbeiten dürfen. In der Innenstadt von San Francisco, wo Twitter sein Hauptquartier hat, leben viele Obdachlose. Der Tweet zog unter anderem die Aufmerksamkeit von Amazon-Gründer Jeff Bezos an, der darauf verwies, dass der Online-Konzern 2020 eine achtstöckige Obdachlosen-Unterkunft an seiner Zentrale in Seattle eingerichtet habe.

Auch schlug Musk vor, dass alle Kunden des neuen Abo-Angebots von Twitter verifizierte Accounts bekommen und von Werbung in ihren Timelines verschont werden sollen. Konzerne hätten mehr Macht, die Geschäftspolitik zu diktieren, wenn Twitter zum Überleben auf Werbeeinnahmen angewiesen sei, argumentierte er.

Der 50-Jährige Musk ist dank der Beteiligungen an Tesla und der Weltraumfirma SpaceX der mit Abstand reichste Mensch der Welt - vor allem dank seiner Beteiligungen am Elektroauto-Hersteller Tesla und der Raumfahrtfirma SpaceX. Der Finanzdienst Bloomberg schätzt sein Vermögen zu jüngsten Aktienkursen auf 260 Milliarden Dollar. Twitter war an der Börse zuletzt rund 37 Milliarden Dollar wert.

© dpa-infocom, dpa:220411-99-876028/7