MÜNCHEN. Nach schlechten Jahren steht den Bauern in den meisten Regionen Deutschlands in diesem Sommer eine Durchschnittsernte bevor - sofern das Wetter mitspielt. Die Saison wird jedoch voraussichtlich wegen des kalten und nassen Frühjahrs mit Verzögerung beginnen.
»In vielen Regionen wird die Ernte in diesem Jahr etwas später starten, weil der vorhandene Rückstand in der Vegetation noch nicht ganz aufgeholt wurde«, sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied auf Anfrage. »Dort wo in den letzten Wochen geringe Niederschläge und hohe Temperaturen vorherrschend waren, ist inzwischen fast ein «normaler» Erntestart zu erwarten.«
Was die bevorstehende Getreideernte betrifft, erwartet der Deutsche Raiffeisenverband durchschnittliche Erträge, bei Raps leicht unterdurchschnittlich. Allerdings betonen alle Fachleute, dass die entscheidende Rolle das Wetter spielen wird.
Nutzfläche schrumpft - Regen bleibt zum Teil aus
Ganz grundsätzlich steht Rekordernten keineswegs nur ungünstiges Wetter im Wege, sondern auch der Faktor Mensch. Die landwirtschaftliche Nutzfläche ist in vielen Regionen Deutschlands aufgrund reger Bautätigkeit in den vergangenen Jahren geschrumpft. »Wir haben durchschnittliche Hektarerträge, aber weniger Menge, weil die Anbaufläche zurückgegangen ist«, sagt dazu DRV-Fachmann Guido Seedler.
Im Gegensatz zu den Vorjahren ist die Regenmenge in den meisten Regionen Deutschlands bisher ausreichend, mit Ausnahme von Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Ostvorpommerns. »Dort sind inzwischen aufgrund der Kombination aus ausbleibendem Regen und hohen Temperaturen leider teilweise wieder erhebliche Trockenschäden bei den Feldfrüchten zu beobachten«, sagt Bauernpräsident Rukwied.
Deutschlands größter Agrarhändler Baywa erwartet unter Auswertung von Satellitendaten für den Großteil Deutschlands eine Durchschnittsernte, in Teilen Ostdeutschlands aber auch gute Ergebnisse, insbesondere in Thüringen.
Weltweite Versorgung mit Grundnahrungsmitteln betroffen
Weltweit sind die Agrarmärkte seit Jahren eher unruhig, auch in diesem Jahr gab es bereits heftige Ausschläge an den Agrarbörsen. Dabei spielen laut Baywa mehrere Faktoren eine Rolle - unter anderem bestehende beziehungsweise befürchtete Knappheit bei Mais, Soja und Weizen, aber auch politische Faktoren wie die Zinspolitik der USA. An der Pariser Agrarbörse Matif kostet Weizen derzeit etwa 200 Euro pro Tonne, so viel wie im Dürrejahr 2018.
In international wichtigen Anbaugebieten wie den USA ist das Wetter auch in diesem Jahr ungünstig. »Aufgrund des Klimawandels nehmen die Wetterextreme zu«, sagt eine Baywa-Sprecherin. »Da alle Anbaugebiete der Welt davon betroffen sind, kann das weitreichende Folgen für die weltweite Versorgung mit Grundnahrungsmitteln haben.« Überdurchschnittliche Preise »auf anhaltendem Niveau« sieht die Baywa seit vergangenem Jahr auch bei vielen Obst- und Gemüsesorten. (dpa)