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Deutschland: Solarhersteller droht mit Produktionsrückzug

Einer der größten Hersteller von Solarmodulen in Europa will sich aus Deutschland zurückziehen. Die Konkurrenz aus China arbeite mit Dumpingpreisen. Droht erneut das Ende des Solar Valley?

Solarwerk
Blick in das Werk der Meyer Burger Technology AG in Freiberg. Foto: Hendrik Schmidt/DPA
Blick in das Werk der Meyer Burger Technology AG in Freiberg.
Foto: Hendrik Schmidt/DPA

Das Solarunternehmen Meyer Burger droht unter Hinweis auf Konkurrenz vor allem aus China mit der Schließung seiner Solarmodulproduktion in Deutschland - sollte die Bundesregierung nicht schnell handeln. Der Produktionsstandort im sächsischen Freiberg mit 500 Arbeitskräften müsse möglicherweise geschlossen werden, sagte Geschäftsführer Gunter Erfurt am Mittwoch.

Wegen des sich verschlechternden europäischen Marktumfelds sei die Produktion in der Region in vollem Umfang vorerst nicht weiter tragbar, hieß es. Das Schweizer Unternehmen stellte einen Plan vor, um die »unhaltbaren Verluste« in Europa zu verringern und sich auf die USA zu konzentrieren. Ein Teil des Plans wäre die Schließung des Werkes in Freiberg bereits Anfang April 2024, hieß es.

Endgültige Entscheidung steht noch aus

Meyer Burger besitzt mit der Fabrik in Freiberg nach eigenen Angaben den größten Betrieb für Solarmodulproduktion in Europa. Eine endgültige Entscheidung müsste bis Mitte Februar getroffen werden, betonte das Unternehmen - »sofern keine ausreichenden Maßnahmen zur Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen in Europa, etwa durch Resilienzmaßnahmen, ergriffen werden«.

Die Bundesregierung ist nach eigenen Angaben angesichts der drohenden Abwanderung in Gesprächen mit der Firma. Das Wirtschaftsministerium sei sich der schwierigen Lage des Unternehmens und der Solarindustrie in Deutschland sehr bewusst, sagte ein Sprecher von Ressortchef Robert Habeck (Grüne). Ziel sei, einen signifikanten Teil der Technologien in Deutschland und Europa zu produzieren.

»Befinden uns in einem Verteilkampf«

Meyer-Burger-Manager Erfurt sagte, es müsse Anpassungen bei der Einspeisevergütung geben. »Wir befinden uns in einem Verteilkampf.« Der Bund müsse daher in diesem Jahr rund 50 Millionen Euro in die Erhöhung der Einspeisevergütung geben. Davon sollten dann Nutzer von Solaranlagen profitieren, die Anlagen aus europäischer Produktion nutzen. Je europäischer ein Produkt sei, desto mehr Boni solle es geben. Dadurch sollen Anreize zum Kauf entsprechender Produkte geschaffen werden. Dies sei kein Konzept des Unternehmens, sondern werde unter anderem vom Bundesverband der Solarwirtschaft gefordert.

Der energiepolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Michael Kruse, schrieb im sozialen Netzwerk X: »Den Strom für die Deutschen noch weiter zu verteuern, indem die sehr üppige Förderung für #PV-Strom noch weiter ausgeweitet wird, ist der falsche Weg.« Die FDP werde dies nicht unterstützen.

Kretschmer fordert Rettungspaket

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) forderte von Bund und EU ein Rettungspaket für die Solarindustrie. Die Branche sei wichtig für die wirtschaftliche Stärke und Souveränität Deutschlands und Europas. Erst vor wenigen Wochen hatten Politiker aus Sachsen parteiübergreifend ein klares Bekenntnis des Bundes zur deutschen Solarindustrie gefordert. Es drohe der Verlust Tausender Jobs vor allem im Osten Deutschlands, warnten sie.

Meyer Burger habe 2023 ein sehr schlechtes Jahr gehabt, das wegen der niedrigen Preise der Konkurrenz völlig neben den Erwartungen gelegen habe, sagte Geschäftsführer Erfurt. Staatliche Subventionen bei der Solarmodulherstellung in China hätten zu einer gravierenden Marktverzerrung geführt. »In Europa werden wir chinesischem Handeln zum Fraß vorgeworfen.« Die Windbranche leide unter dem gleichen Problem. Auch der Autobranche drohe ein ähnliches Schicksal.

Es sei jetzt ein entscheidender Zeitpunkt, betonte der Geschäftsführer des Schweizer Unternehmens. »Es wird eine Entscheidung sein über Wohl und Wehe der gesamten Industrie in den kommenden Jahren.« Die deutsche Politik habe sich vor zehn Jahren entschieden, das fallen zu lassen, sagte Erfurt. Das habe Träume und Hoffnungen vor allem in Ostdeutschland zerstört.

Weitere Standorte wären nicht betroffen

2018 hatte Deutschlands einst größter Solarmodulhersteller Solarworld endgültig Insolvenz angemeldet und den Standort in Freiberg mit rund 600 Mitarbeitern geschlossen. Neue Hoffnung keimte, als der Maschinenbauer Meyer Burger in die Herstellung von Modulen einstieg und in den früheren Solarworld-Hallen eine neue Produktion startete.

Weitere Standorte des Unternehmens in Deutschland wären bei einer Verlagerung der Produktion in die USA aber nicht betroffen. Die Zellproduktion in Bitterfeld-Wolfen (Sachsen-Anhalt) und der Forschungsstandort in Hohenstein-Ernstthal (Sachsen) seien davon ausgenommen, stellte der Geschäftsführer klar. Diese Standorte würden unter anderem für den Hochlauf der Modulproduktion in den USA benötigt.

© dpa-infocom, dpa:240117-99-649525/3