Chinas Exporte sind unerwartet stark gestiegen. Besonders boomt der Warenaustausch mit Russland, der inzwischen größer ist als der Handel mit Deutschland. Der Wert der chinesischen Ausfuhren schnellte im März in US-Dollar berechnet um 14,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum in die Höhe, wie der Zoll am Donnerstag in Peking berichtete. Der Anstieg auf 315 Milliarden US-Dollar überraschte Experten, die nach einem Einbruch im Januar und Februar um 6,8 Prozent erneut mit einem Rückgang gerechnet hatten.
Chinas Handel mit Russland kletterte im März besonders stark um 71,9 Prozent auf einen Wert von rund 20 Milliarden US-Dollar. Die Exporte an den mit westlichen Sanktionen belegten Nachbarn stiegen sogar um 136,4 Prozent. Die Importe - darunter auch günstige Energieeinfuhren - legten um 40,5 Prozent zu, wie der Zoll weiter berichtete. Seit dem Beginn der Invasion in der Ukraine vor mehr als einem Jahr gibt China dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Rückendeckung.
Neuer Schwung
Die starke Erholung der chinesischen Exportmaschinerie dürfte der zweitgrößten Volkswirtschaft neuen Schwung geben. Zwar zeigten die Importe ein leichtes Minus um 1,4 Prozent auf 227 Milliarden US-Dollar. Doch fiel dieser Rückgang geringer aus als noch im Januar und Februar mit 10,2 Prozent. Auch hatten Fachleute mit deutlich schwächeren Einfuhrzahlen gerechnet.
Das starke Außenhandelsplus von 7,4 Prozent im März markierte eine Trendwende für die größte Handelsnation der Welt. Die Exporte waren zuvor fünf Monate in Folge zurückgegangen. Der Handelsüberschuss stieg auf 88 Milliarden US-Dollar.
Auch die USA profitierten von der Entwicklung: China importierte im März 5,6 Prozent mehr aus den Vereinigten Staaten. Seine Ausfuhren in die größte Volkswirtschaft gingen um 7,7 Prozent zurück.
Hingegen mussten Deutschlands Exporteure erneut ein Minus von 2,1 Prozent hinnehmen. Chinas Ausfuhren nach Deutschland verringerten sich ebenfalls - um 1,4 Prozent. Der deutsch-chinesische Handel erreichte insgesamt nur noch einen Gesamtwert von 18,4 Milliarden US-Dollar. Chinas Exporte in die EU legten dagegen um 3,4 Prozent zu, genauso wie seine Einfuhren aus der Gemeinschaft.
Störung in den Lieferketten behoben
Der überraschende Anstieg des Außenhandels insgesamt wurde unter anderem mit einer Behebung von Lieferkettenstörungen erklärt, die womöglich stärkere Auswirkungen als erwartet gehabt hätten. »Die heutigen Daten deuten darauf hin, dass der Rückgang der externen Nachfrage nicht so besorgniserregend war wie vorher gedacht«, sagte Michelle Lam von der Société Générale der Finanzagentur Bloomberg.
Möglicherweise sei es auch eine Fluktuation wegen des vorausgegangenen chinesischen Neujahrsfestes, meinte Bloomberg-Ökonom Eric Zhu: »Das Verhalten im März könnte einen Aufholeffekt widerspiegeln, der nicht andauert.« Selbst wenn pandemiebedingte Störungen behoben seien, dürften Chinas Exporte künftig weiter unter der schwachen globalen Nachfrage leiden.
»Die chinesische Wirtschaft nimmt wieder etwas an Fahrt auf«, sagte das geschäftsführende Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer (AHK) in China, Jens Hildebrandt. Der deutliche Anstieg der Exporte sei allerdings »teilweise auf Nachholeffekte aus der Covid-Welle im Januar zurückzuführen«. Der Knackpunkt bleibe die Binnennachfrage, »die sich nicht im gleichen Maße wieder erholt«.
Der chinesische Außenhandel hatte sich im vergangenen Jahr durch die strengen Corona-Maßnahmen und die geringere Nachfrage nach Gütern »made in China« spürbar abgeschwächt. Nach dem Ende der Null-Covid-Strategie mit ihren starken Einschränkungen im Dezember lähmte zunächst eine heftige Viruswelle die chinesische Wirtschaft, die erst in jüngster Zeit wieder spürbar anzog.
Wie wichtig der Export für China ist, verdeutlichte der neue Regierungschef Li Qiang vergangene Woche mit einem Aufruf auf einer Kabinettssitzung, »jede Methode zu versuchen«, um den Außenhandel zu stabilisieren. Lag das chinesische Wachstum 2022 nur bei drei Prozent, hat die Regierung für dieses Jahr als Ziel »rund fünf Prozent« vorgegeben. Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet mit 5,2 Prozent.
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