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Bund verkauft Commerzbank-Anteile - doch zu welchem Preis?

In der Finanzkrise rettete der Staat die Commerzbank mit Milliarden vor dem Kollaps. Ein übriges Aktienpaket soll nun schrittweise verkauft werden. Doch für den Steuerzahler dürften Verluste bleiben.

Commerzbank
Der Bund will die Beteiligung an der Commerzbank senken. (Archivbild) Foto: Helmut Fricke/DPA
Der Bund will die Beteiligung an der Commerzbank senken. (Archivbild)
Foto: Helmut Fricke/DPA

Rund 16 Jahre nach dem Einstieg in der Finanzkrise will sich der Staat schrittweise von seiner Beteiligung an der Commerzbank trennen. Der Bund plant bei der Veräußerung von Anteilen einen begrenzten ersten Schritt, wie aus dem Finanzministerium verlautete. Bis wann der Bund komplett aussteigt, ist offen. Von einem Gewinngeschäft ist er weit entfernt. 

Am Dienstagabend hatte die Finanzagentur der Bundesrepublik mitgeteilt, dass der Bund den Ausstieg aus der Commerzbank plane. In einem ersten Schritt will der Bund seine Beteiligung von 16,49 Prozent an der Commerzbank, die er über den Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS) hält, reduzieren. 

Florian Toncar, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen und Vorsitzender des zuständigen interministeriellen Lenkungsausschusses, sagte, die Commerzbank sei wieder ein stabiles und ertragsstarkes Institut. »Daher ist es geboten, dass sich der Bund von den Anteilen des erfolgreich stabilisierten Instituts sukzessive wieder trennt.«

Milliardenschwere Rettung inmitten der Finanzkrise

Der Staat hatte die Frankfurter Großbank, die mitten in der globalen Finanzkrise die kriselnde Dresdner Bank geschluckt hatte, mit viel Steuergeld vor dem Kollaps bewahrt. Die Commerzbank erhielt vom FMS 2008 und 2009 Kapitalhilfen von 18,2 Milliarden Euro. Zurückgezahlt wurden der Finanzagentur zufolge bisher rund 13,15 Milliarden Euro. Der Staat ist aber weiter größter Einzelaktionär bei dem Dax-Konzern. 

Auf dem aktuellen Kursniveau hat die verbliebene Staatsbeteiligung an dem Geldhaus einen Wert von rund 2,5 Milliarden Euro. Seinerzeit hatte das Aktienpaket rund fünf Milliarden Euro gekostet. Um einen Gewinn zu erzielen, müsste ein Aktienkurs von knapp 26 Euro erreicht werden - zuletzt notierten Commerzbank-Anteile bei knapp 13 Euro. 

Anders als bei der Rettung der Lufthansa, die der Staat in der Corona-Pandemie rettete und am Verkauf seiner Aktienbeteiligung mehr als 700 Millionen Euro Gewinn machte, dürfte bei der Commerzbank der Steuerzahler auf Verlusten sitzen bleiben.

Die Erlöse aus dem Verkauf der Commerzbank-Anteile fließen in den Finanzmarktstabilisierungsfonds, über den in der Finanzkrise auch andere Institute gestützt wurden. Ende 2023 betrug der beim FMS aufgelaufene Fehlbetrag nach Angaben der Finanzagentur rund 21,6 Milliarden Euro. 

Commerzbank hat Wende geschafft

Die Commerzbank hat sich nach einem weitreichenden Konzernumbau längst aus der Krise befreit. Im vergangenen Jahr wies der Dax-Konzern einen Rekordgewinn von rund 2,2 Milliarden Euro aus. Vorstandschef Manfred Knof hat nach seinem Antritt Anfang 2021 den Sparkurs verschärft: Die Bank baute Tausende Stellen ab und verkleinerte ihr Filialnetz in Deutschland deutlich. Bis 2027 soll der Nettogewinn auf 3,4 Milliarden Euro steigen.

Die Bundesregierung dürfte die Entwicklung mit Wohlwollen betrachtet haben. Sie hatte schon zu Jahresbeginn angekündigt, vermehrt Firmenbeteiligungen veräußern zu wollen. Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Reinhard Houben, nannte den Verkauf der Bundesanteile an der Commerzbank ein gutes Signal. »Damit führt die Bundesregierung ihre klare Linie fort, sich von Unternehmensanteilen auch wieder zu trennen.« 

Bundesregierung stößt Staatsbeteiligungen ab

Bereits im Februar hatte der Bund Anteile an der Deutschen Post im Wert von über zwei Milliarden Euro verkauft. Dieses Geld will der Bund für eine geplante Eigenkapitalerhöhung bei der bundeseigenen Deutschen Bahn verwenden. 

»Staatsbeteiligungen können im Einzelfall sinnvoll sein. Grundvoraussetzung ist jedoch, dass der Staat sich aus Unternehmen wieder zurückzieht, wenn seine Beteiligung nicht mehr notwendig ist. Vor diesem Hintergrund sollte sich der Bund auch vom Großteil seiner Anteile am Energiekonzern Uniper trennen und die vorgesehene Frist bis 2028 nicht ausschöpfen«, sagte Houben.

Lockt Staatsausstieg neue Investoren an?

Der geplante Ausstieg des Staates nährt Spekulationen über einen Einstieg von anderen Großinvestoren bei der Commerzbank oder gar eine Übernahme. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing erteilte Ambitionen am Mittwoch prompt eine Absage. »Wir fokussieren uns auf die Deutsche Bank«, sagte Sewing auf dem Banken-Gipfel des »Handelsblatts« in Frankfurt. Eine Übernahme der Commerzbank durch die Deutsche Bank werde unter ihm »kein Thema« werden, sagte der Manager auf Nachfrage. 

Die Commerzbank galt immer wieder als Übernahmekandidat für Geldhäuser aus dem In- und Ausland. So gab es Spekulationen über einen Verkauf der Commerzbank an die italienische Unicredit. Auch Deutsche Bank und Commerzbank hatten schon einmal über einen Zusammenschluss verhandelt. Entsprechende Gespräche scheiterten im Jahr 2019. 

Commerzbank-Finanzchefin Bettina Orlopp sagte auf der »Handelsblatt«-Konferenz, die Nachricht der Finanzagentur sei ein Beleg dafür, dass die Commerzbank auf gutem Weg sei. Wenn Interessenten für einen Einstieg bei dem Geldhaus anklopften, werde man das prüfen. »Unsere oberste Aufgabe ist es aber, die Commerzbank nach vorne zu bringen.«

© dpa-infocom, dpa:240904-930-222529/4