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Bei der Post drohen schon bald größere Streiks

Die Gewerkschaft Verdi erklärt die Tarifverhandlungen für die 160.000 Postbeschäftigten für gescheitert und leitet eine Urabstimmung über einen Arbeitskampf ein.

Deutsche Post
Briefträger in München. Foto: Sven Hoppe
Briefträger in München.
Foto: Sven Hoppe

Bei der Deutschen Post droht schon bald eine größere Streikwelle - und sie dürfte heftiger ausfallen als die bisherigen Arbeitsniederlegungen. Nach einem dreitägigen Verhandlungsmarathon in Düsseldorf ohne Einigung erklärte die Gewerkschaft Verdi am Freitag die Tarifverhandlungen für die rund 160.000 Paketboten, Briefträger und anderen Beschäftigten der Deutschen Post im Inland für gescheitert. Verdi leitete gleichzeitig die Urabstimmung über einen Arbeitskampf zur Durchsetzung der Tarifforderungen ein.

Verdi-Verhandlungsführerin Andrea Kocsis sagte: »Das von den Arbeitgebern vorgelegte Angebot ist weit von unseren Forderungen entfernt. Die Arbeitgeber waren nicht bereit, die Reallohneinbußen der Beschäftigten auszugleichen.« Der Vorschlag der Arbeitgeber steigere wegen der langen Laufzeit und der geringen Entgelterhöhung sogar das Risiko weiterer Reallohnverluste für die Beschäftigten. Bei der Urabstimmung ist eine Zustimmung von 75 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder zu einem Arbeitskampf notwendig.

Die Post hatte nach eigenen Angaben eine Erhöhung aller tariflichen Entgelte und Ausbildungsvergütungen um insgesamt 340 Euro pro Monat in zwei Stufen ab Anfang 2024 angeboten - bei einer Laufzeit des Tarifvertrages bis Ende 2024. Von dem Angebot hätten der Post zufolge vor allem die unteren Lohngruppen profitiert. »Das Einstiegsgehalt für einen Paketsortierer würde sich um 20,3 Prozent erhöhen. Eine neueingestellte Zustellerin bekäme rund 18 Prozent mehr im Monat«, rechnete das Unternehmen vor. Außerdem sollten alle Tarifbeschäftigten und Auszubildenden rückwirkend ab dem 1. Januar 2023 über zwei Jahre die volle steuerfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3000 Euro erhalten.

Verdi: 15 Prozent mehr Lohn und Gehalt

Die Post sei mit diesem Angebot an die Grenze des finanziell Machbaren gegangen, sagte der Konzernvorstand Personal der Post, Thomas Ogilvie. Die Offerte stelle einen »in der Geschichte der Deutsche Post AG noch nie da gewesenen Steigerungsumfang dar«. Mit der Ablehnung habe Verdi eine historische Chance verspielt, die Zukunft der Deutschen Post in Deutschland zu sichern, sagte der Manager. Die Gewerkschaft setze damit die Zukunft des Brief- und Paketgeschäfts und damit auch viele Arbeitsplätze aufs Spiel.

Verdi fordert für die Post-Beschäftigten 15 Prozent mehr Lohn und Gehalt und begründet das unter anderem mit der hohen Inflation. Bei der Deutschen Post AG seien fast 90 Prozent der Tarifbeschäftigten in den Entgeltgruppen 1 bis 3 eingruppiert. Ihr Monatsgrundentgelt liege zwischen 2108 und 3090 Euro brutto. Diese Beschäftigten könnten sich schlichtweg keinen Kaufkraftverlust leisten, sagte Kocsis.

Bereits in den vergangenen Wochen hatte die Gewerkschaft die Beschäftigten immer wieder zu Warnstreiks aufgerufen. Allein in dieser Woche beteiligten sich Verdi zufolge rund 23.000 Postbeschäftigte an Arbeitsniederlegungen. Insgesamt hätten fast 100.000 Beschäftigte zeitweise ihre Arbeit niedergelegt, um den Verdi-Forderungen Nachdruck zu verleihen. Nach Angaben der Post kamen dadurch Millionen Briefe und Pakete verzögert bei den Empfängern an.

Das Unternehmen hatte Verdis Tarifforderung von Anfang an als überzogen zurückgewiesen. Um die Arbeitsplätze im Brief- und Paketgeschäft zu sichern, seien Einkommenssteigerungen in dieser Größenordnung nicht vertretbar. Das Ergebnis des Brief- und Paketgeschäfts sei deutlich rückläufig und reiche schon heute nicht mehr für die notwendigen Investitionen aus, warnte der Konzern. Der von Verdi zur Begründung der Lohnforderungen herangezogene Konzerngewinn werde zum übergroßen Teil im internationalen Geschäft erwirtschaftet.

© dpa-infocom, dpa:230210-99-544407/5