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Bahngewerkschaft macht Druck - Kreise: Warnstreik am Freitag

Nach der Osterpause stehen im Tarifstreit bei den Eisenbahnen wieder Warnstreiks im Fern- und Regionalverkehr an. Die EVG will den Druck vor der nächsten Gesprächsrunde mit der Bahn erhöhen.

Gewerkschaft EVG
Die EVG hat vor der nächsten Tarifrunde mit der Deutschen Bahn angekündigt, den Druck noch einmal erhöhen zu wollen. Foto: Annette Riedl
Die EVG hat vor der nächsten Tarifrunde mit der Deutschen Bahn angekündigt, den Druck noch einmal erhöhen zu wollen.
Foto: Annette Riedl

Nach dem Super-Warnstreik im öffentlichen Verkehr Ende März blieb es für Bahnreisende zuletzt weitgehend ruhig - nun stehen erneut weitreichende Einschränkungen im Fern- und Regionalverkehr an. Bei der Deutschen Bahn und anderen Bahnunternehmen sind an diesem Freitag weitere Warnstreiks in ganz Deutschland geplant.

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft hat vor der nächsten Tarifrunde mit der Deutschen Bahn angekündigt, den Druck noch einmal erhöhen zu wollen. Details will sie heute bekanntgeben. An diesem Tag gehen bereits die Gespräche mit Transdev weiter, wie beide Seiten bestätigten. Transdev betreibt eigenen Angaben zufolge die zweitgrößte Schienenfahrzeugflotte in Deutschland.

Für wann muss ich mich wieder auf Warnstreiks einstellen?

Aus Gewerkschaftskreisen hieß es zuletzt, dass für Freitagmorgen und -vormittag zu einem bundesweiten Ausstand aufgerufen werden soll. Auch darüber hinaus sind Ausstände nicht auszuschließen. Die EVG hatte über Ostern Warnstreiks im Eisenbahnverkehr mit der Begründung ausgeschlossen, dass während der Feiertage nicht verhandelt werde. Im Umkehrschluss heißt das: Da jetzt wieder gesprochen wird, sind Warnstreiks für die Gewerkschaft wieder eine Option - auch kurzfristig.

Bahnen, Schiffe, Flugzeuge - wird wieder alles stillstehen?

Nein, einen so umfangreichen Warnstreik wie Ende März wird es dieses Mal nicht geben - auch wenn die Gewerkschaft Verdi für Donnerstag und Freitag zu Warnstreiks an den drei Flughäfen Düsseldorf, Köln/Bonn und Hamburg aufgerufen hat. Damals hatte die EVG gemeinsam mit Verdi mit einem 24-Stunden-Warnstreik den öffentlichen Verkehr in Deutschland weitgehend zum Erliegen gebracht. Verdi verhandelt derzeit mit Bund und Kommunen über mehr Geld für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Deswegen waren neben dem Bahnverkehr auch fast alle deutschen Flughäfen betroffen sowie Häfen und Wasserstraßen.

Nun handeln Gewerkschaften jeweils auf eigene Faust. Aufrufen kann die EVG die rund 230.000 Beschäftigten, für die sie derzeit im Eisenbahnsektor verhandelt - nicht jedoch Beschäftigte in anderen Verkehrsbereichen. Spüren werden Pendler und Reisende den Bahn-Warnstreik trotzdem. Die EVG könnte den gesamten Regional- und Fernverkehr zum Erliegen bringen.

Wo stehen die Verhandlungen bei den Eisenbahnen?

Die EVG fordert in den Verhandlungen mit der Branche mindestens 650 Euro mehr pro Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen sowie eine Laufzeit von zwölf Monaten. Derzeit verhandelt die Gewerkschaft in zweiter Runde nach und nach mit rund 50 Eisenbahn-Unternehmen. Einige von ihnen haben bereits bei ihren Angeboten nachgebessert. Gleichwohl seien die Angebote noch deutlich entfernt von den Vorstellungen der Gewerkschaft - sowohl was die Höhe als auch was die Laufzeit angehe, hieß es kürzlich. Im Fokus der Verhandlungen steht die Deutsche Bahn. Etwa 180.000 der Beschäftigten, für die branchenweit verhandelt wird, arbeiten für den bundeseigenen Konzern.

Welche Knackpunkte gibt es bei der Bahn?

Neben den tariflichen Forderungen war in den ersten zwei Gesprächsrunden bei der Bahn der Mindestlohn ein Knackpunkt. Wenige tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erreichen diesen beim Unternehmen lediglich über Zulagen. Noch vor den inhaltlichen Tarifgesprächen will die EVG den gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von zwölf Euro pro Stunde in den Tariftabellen festsetzen. Die Bahn wiederum hatte beim bislang letzten Treffen Mitte März einen Mindestlohn in Höhe von 13 Euro vorgeschlagen, will diesen aber erst ab August 2024 in die Tabellen aufnehmen. Das lehnt die Gewerkschaft strikt ab.

Inwiefern beeinflusst der Schlichterspruch im öffentlichen Dienst die Verhandlungen bei der Bahn?

Im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes haben unabhängige Schlichter am vergangenen Wochenende eine Lösung vorgeschlagen, den sich die Deutsche Bahn aufmerksam angeschaut hat: Der Vorschlag sieht zunächst einen steuer- und abgabefreien Inflationsausgleich in mehreren Stufen von insgesamt 3000 Euro vor. Ab März 2024 soll es dann einen Sockelbetrag von 200 Euro sowie anschließend ein Lohnplus von 5,5 Prozent geben. Wird dabei keine Erhöhung um 340 Euro erreicht, soll der betreffende Erhöhungsbetrag auf diese Summe gesetzt werden. Am kommenden Wochenende wird im öffentlichen Dienst über diesen Vorschlag verhandelt.

Die Bahn hat deutlich gemacht, dass sie einen Kompromiss in dieser Höhe auch für die Bahnbranche für denkbar hält. So könne man in der nächsten Verhandlungsrunde am 25. April in Fulda schnell zu einem Abschluss kommen, teilte das Unternehmen am Sonntag mit.

Die EVG wiederum hat eine solche Tariflösung für die eigene Branche umgehend zurückgewiesen. »Wir haben der DB AG schon mehrfach erklärt, dass wir nicht für den öffentlichen Dienst verhandeln, sondern in erster Linie für die Beschäftigen bei Bus und Bahn. Insofern ist die jetzt vorliegende Schlichtungsempfehlung für uns völlig irrelevant und keine Grundlage für unsere Verhandlungen«, hieß es von Verhandlungsführer Kristian Loroch. Eine Annäherung vor der anstehenden Tarifrunde kommende Woche ist nicht zu erkennen.

© dpa-infocom, dpa:230419-99-365832/2