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Aus für Steuervergünstigung: Wirte wollen Preise erhöhen

Ab 1. Januar gilt auf Speisen in der Gastronomie der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Nicht alle Restaurants wollen das sofort weitergeben. Zumindest Silvester gibt es noch eine Ausnahme.

Mehrwertsteuer in der Gastronomie
Ab 1. Januar gilt auf Speisen in der Gastronomie wieder der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Foto: Sina Schuldt/DPA
Ab 1. Januar gilt auf Speisen in der Gastronomie wieder der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent.
Foto: Sina Schuldt/DPA

Kostet das Schnitzel mit Pommes in der Autobahnraststätte statt 14,99 Euro künftig 16,67 Euro? So jedenfalls würde es sich rechnerisch ergeben, wenn der Mehrwertsteuersatz auf Speisen in der Gastronomie zum Jahreswechsel von 7 Prozent zurück auf die üblichen 19 Prozent steigt - und Wirte das der Kundschaft auch voll in Rechnung stellen sollten. Noch halten sich viele Gastronomen und Restaurantketten bedeckt mit Ansagen. Der Branchenverband aber, der sich vehement für eine erneute Verlängerung der in der Corona-Krise befristet eingeführten Steuervergünstigung einsetzte, lässt keinen Zweifel: Die Preise für Restaurantessen werden anziehen.

»Wenn die Steuer von 7 auf 19 Prozent steigt, werden wir die Preise erhöhen müssen«, sagt die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Ingrid Hartges. »Es gibt für die meisten Betriebe keinen Spielraum. Kaum einer kann es sich leisten, Geld draufzulegen.« Bei einer Umfrage ihres Verbandes Anfang Dezember gaben 89 Prozent der Befragten an, die Preise anheben zu wollen. Ob und in welchem Umfang die Steuererhöhung, die rein rechnerisch gut 11,2 Prozent ausmacht, auf die Preise durchschlägt, entscheide am Ende aber jeder Wirt selbst, erklärt auch Hartges.

Um die Gastronomie während der Corona-Pandemie zu entlasten, war der Steuerersatz auch für Speisen in Restaurants und Cafés vorübergehend von 19 auf sieben Prozent gesenkt worden - während es bei Getränken bei 19 Prozent blieb. Danach wurde die Ausnahmeregelung wegen der Energiekrise mehrmals verlängert, zuletzt bis Ende 2023. Die Bundesregierung bezifferte die jährlichen Kosten auf 3,4 Milliarden Euro. Essen zum Mitnehmen, im Supermarkt und bei der Lieferung wird grundsätzlich mit sieben Prozent besteuert.

Mehrheit der Wirte will Preise erhöhen

Die Steakhousekette Blockhouse kündigte an, die Preise nicht sofort, sondern erst am 13. Januar zu erhöhen, und dann auch nur um sieben Prozentpunkte. »Wir geben die Erhöhung nur anteilig weiter«, sagte eine Sprecherin. Die Pizza-Kette L’Osteria will die Preise im Februar erhöhen und dann regional nach Kaufkraft staffeln. Nicht überall steigen daher die Preise, so eine Sprecherin: »In den preissensibleren Regionen haben wir uns entschieden, je nach Gericht nur minimale oder gar keine Preiserhöhung vorzunehmen.« Alle anderen von der Deutschen Presse-Agentur Mitte Dezember angefragten Ketten machten noch keine konkreten Angaben.

Viele planen weniger Restaurantbesuche

Lange hatte die Branche gehofft, die Vergünstigung auf Dauer behalten zu dürfen. Doch nach dem Haushalts-Urteil des Bundesverfassungsgerichts im November stellte die Bundesregierung klar: Es bleibe beim geplanten Auslaufen Ende 2023.

Bei den Gästen kommt das schlecht an. In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur lehnten 69 Prozent der Befragten die Steuererhöhung ab. Als Konsequenz wollen viele künftig seltener ins Restaurant gehen oder dort weniger ausgeben. 44 Prozent der Befragten gaben an, ihr Verhalten mit Blick auf Restaurantbesuche ändern zu wollen. Gut zwei Drittel davon wollen seltener essen gehen, ein Viertel sogar ganz auf Restaurantbesuche verzichten.

Ökonom: Subvention für Besserverdienende

Während der Bundesverband der Systemgastronomie von einem »Worst-Case-Szenario« spricht, das nun eingetreten sei, loben Ökonomen die Rückkehr zum alten Steuersatz. Nach dem Ende der Pandemie gebe es keinen Grund mehr, die Branche zu bevorzugen, sagt Oliver Holtemöller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle. »Es ist nicht Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass mehr Menschen ins Restaurant gehen.« Friedrich Heinemann vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim sieht die Vergünstigung auch sozialpolitisch als Problem. Denn von der Steuerermäßigung profitierten vor allem Besserverdienende, sagt er. »Wohlhabende gehen häufiger essen und profitieren daher überproportional. Das ist sozialpolitisch kontraproduktiv.«

Anders als der Branchenverband glaubt Heinemann nicht, dass die Steuer nun voll durchschlägt. Schließlich seien die Preise in der Gastronomie in den vergangenen Jahren bereits kräftig gestiegen und viele Kostentreiber inzwischen wieder weggefallen. Das, so glaubt der Ökonom, sollte der Branche wieder etwas Luft geben, die Steuererhöhung zumindest »ein Stück weit« aufzufangen. »Deshalb erwarte ich jetzt keinen vollen Preissprung.«

Preise bereits stark gestiegen

Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes sind die Preise für Gaststättendienstleistungen von Januar 2021 bis Oktober 2023 um 20,3 Prozent gestiegen, trotz der zwischenzeitlichen Mehrwertsteuersenkung. Allerdings, so entgegnet Hartges vom Dehoga, hätten sich Lebensmittel im selben Zeitraum um 29,3 Prozent verteuert. Hartges verweist damit auf einen von mehreren großen Kostenfaktoren der Branche.

»Dank der sieben Prozent Mehrwertsteuer waren wir bisher nicht gezwungen, alle Mehrkosten eins zu eins an den Gast weiterzugeben.« Das werde sich nun ändern. Weniger Gäste, weniger Umsatz und Betriebsaufgaben seien programmiert. Der Verband fürchtet, dass 12 000 Betriebe aufgeben werden.

Zumindest zum Abschied gibt es für die Wirte noch einmal eine Ausnahme: Die Silvesternacht dürfen sie noch komplett zum alten Steuersatz abrechnen, egal ob vor oder nach Mitternacht aufgetischt wurde. »Immerhin eine Art Trostpflaster«, sagt Björn Cubrowski von der IHK Coburg. Danach ist dann aber Schluss mit der Ermäßigung.

© dpa-infocom, dpa:231227-99-414153/3