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Arriva-Verkauf offiziell: Bahn veräußert Auslandstochter

Manche der roten Londoner Doppelstockbusse sollen künftig kein Teil der Deutschen Bahn mehr sein. Der bundeseigene Konzern trennt sich von seiner in Europa tätigen Nahverkehrstochter.

Deutsche Bahn
Die Deutsche Bahn trennt sich von ihrer Auslandstochter Arriva. Foto: Sebastian Gollnow/DPA
Die Deutsche Bahn trennt sich von ihrer Auslandstochter Arriva.
Foto: Sebastian Gollnow/DPA

Die Deutsche Bahn verkauft ihre Auslandstochter Arriva. Alle verbliebenen Teile des Unternehmens würden vollständig an den US-Infrastruktur-Investor I Squared Capital veräußert, teilte die Bahn am Donnerstag in Berlin mit. Ein Kaufvertrag sei in der Nacht auf Donnerstag unterzeichnet worden. Die Transaktion soll im Laufe des Jahres 2024 abgeschlossen werden. Zuvor müssten noch der Konzernaufsichtsrat und der Bund als Eigentümer dem Verkauf zustimmen. Arriva betreibt Busse und Züge in Großbritannien sowie in zehn weiteren europäischen Märkten.

Medienberichten zufolge zahlt der auf Infrastrukturprojekte spezialisierte Investor rund 1,6 Milliarden Euro für Arriva. Die Bahn kommentierte den Betrag zunächst nicht. Sie hatte Arriva im Jahr 2010 inklusive Schulden für rund 2,7 Milliarden Euro übernommen.

Die Tochter ist nach wie vor mit rund einer Milliarde Euro verschuldet - Verpflichtungen, die nun auf den neuen Eigentümer übergehen. Zudem hätte die Bahn in den kommenden Jahren hohe Summen in die Elektrifizierung der Arriva-Busflotten sowie die generelle Sanierung des Unternehmens stecken müssen. Geld, das nun für das Kerngeschäft der Bahn verwendet werden soll.

»Das strategische Ziel der Deutschen Bahn ist es, Rekordinvestitionen in den umweltfreundlichen Schienenverkehr im deutschen Kerngeschäft zu tätigen«, teilte Finanzvorstand Levin Holle mit. »Somit steht der unterzeichnete Kaufvertrag im Sinne der Starken Schiene.«

Betreiber der roten Doppelstockbusse

Arriva gehört unter anderem zu den Betreibern der roten Doppelstockbusse in Englands Hauptstadt London. Gekauft hatte die Bahn das Unternehmen unter dem damaligen Bahnchef Rüdiger Grube. Schon damals stieß die Transaktion auf breite Kritik: Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter sprach 2010 von »Größenwahn«.

Anstatt weiter ins Ausland zu expandieren, solle sich die Bahn lieber aufs Schienen-Kerngeschäft in Deutschland konzentrieren, lautete die bis heute andauernde Kritik. Tatsächlich sucht der Konzern bereits seit Jahren nach Möglichkeiten, Arriva loszuwerden. Auch ein Börsengang stand zwischenzeitlich zur Disposition.

Sonderabschreibung in Höhe von 1,4 Milliarden Euro

Kaufinteressenten waren allerdings rar gesät. Arriva galt lange als wenig attraktive Investition. Insbesondere während der Corona-Pandemie hatte die Auslandstochter wirtschaftlich schwer gelitten. Eine Sonderabschreibung in Höhe von 1,4 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2020 trug maßgeblich zu den Pandemieschäden des Gesamtkonzerns bei. Die Bahn tauschte daraufhin den damaligen Arriva-Chef Manfred Rudhard aus.

Seither hat sich die Tochter wieder einigermaßen erholt. Im ersten Halbjahr dieses Jahres machte Arriva einen operativen Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) von 43 Millionen Euro. Zuletzt richtete sich das Unternehmen stärker auf seine Kernmärkte aus und trennte sich in den vergangenen Jahren bereits von Aktivitäten unter anderem in Schweden, Portugal, Dänemark, Serbien und Polen.

Arriva und Schenker stehen für eine Zeit, in der die Bahn mit milliardenschweren Zukäufen unter Bahnchef Hartmut Mehdorn und seinem Nachfolger Rüdiger Grube versuchte, zum weltweiten Logistik- und Verkehrskonzern, einem Global Player, aufzusteigen.

© dpa-infocom, dpa:231019-99-620247/3