Die Optimisten unter ihnen sprechen von einer »Schaukelbörse« oder auch einer »Verschnaufpause«. Einen raschen neuen Versuch des Dax, wieder in Richtung des nach Ostern erreichten Rekordhochs von 18.567 Punkten zu klettern, erwartet so schnell niemand. Eine Kurskorrektur in Richtung 17.700 Punkte halten Experten bei entsprechender Nachrichtenlage dagegen für durchaus möglich.
Das wundert nicht, denn in den USA sind nach den März-Inflationsdaten, so glaubt zumindest Chef-Marktanalyst Jochen Stanzl von CMC Markets, »sowohl der Juni- als auch der Juli-Termin für eine Zinssenkung vom Tisch«. Dies habe nur deshalb nicht zu einer größeren Talfahrt an den Börsen geführt, da die Mehrheit am Markt davon ausgehe, dass die US-Wirtschaft höhere Zinsen für einen längeren Zeitraum vertragen könne. »Nun muss die Berichtssaison zeigen, ob das auch für einzelne Unternehmen gilt.«
Berichtssaison beginnt
Die Probe aufs Exempel lässt nicht mehr lange auf sich warten. Nachdem die ersten US-Banken die Berichtssaison in der weltgrößten Volkswirtschaft eingeläutet haben, werden in der neuen Woche weitere Unternehmen folgen: Die US-Investmentbank Goldman Sachs legt am Montag Zahlen vor und Morgan Stanley, die Bank of America sowie das Pharma- und Konsumgüterunternehmen Johnson & Johnson am Dienstag.
In Europa wird der Auftakt von Chipindustrie-Ausrüster ASML am Mittwoch gemacht und hierzulande vom Dax-Konzern Sartorius. Der Pharma- und Laborausrüster will seine Quartalsbilanz am Donnerstag veröffentlichen. Zuvor berichtet am Dienstag der Konsumgüterhersteller Beiersdorf über seine Umsatzentwicklung. So richtig Fahrt aber nimmt die Berichtssaison erst in der darauf folgenden Woche auf.
Enttäuschungspotential in den USA
Damit dürften die Anleger weltweit zwischen Zinssorgen und zunehmend überprüfbar werdender Gewinnfantasien hin- und hergerissen bleiben. Das Enttäuschungspotenzial könnte dabei in den USA höher sein, denn während in der weltgrößten Volkswirtschaft die Messlatte hoch hängt, haben die Analysten in Europa ihre Erwartungen bereits etwas heruntergeschraubt, wie Analyst Frank Klumpp von der LBBW konstatiert.
Konjunkturseitig gilt in den USA in der neuen Woche vor allem den zu Wochenbeginn anstehenden Einzelhandelsdaten für März die Aufmerksamkeit. Es geht immerhin um die Frage, ob »der US-Verbraucher unverwüstlich ausgabefreudig« geblieben ist, wie Christian Apelt von Helaba schreibt.
Er und Christoph Balz von der Commerzbank rechnen zwar nicht mehr mit demselben starken Anstieg wie zuvor, aber immerhin noch mit einem moderaten. Unter den weiteren wichtigen US-Daten rückt am Dienstag vor allem die Industrieproduktion in den Blick. Sollten beide Daten stärker als erwartet ausfallen, dürfte dies das derzeitige US-Zinsszenario »höhere Zinsen für längere Zeit« weiter anheizen, erwartet LBBW-Experte Klumpp.
Konjunktur könnte Tritt fassen
Hierzulande könnten zuvor noch die ZEW-Konjunkturerwartungen bewegen. LBBW und Helaba rechnen nach zuletzt positiven Überraschungen bei den Frühindikatoren für die deutsche Wirtschaft und global mit einem leichten Anstieg. Der erwartete Konjunkturaufschwung scheine sich nun durchzusetzen, schreibt Helaba-Analyst Stefan Mütze. Der jüngste Anstieg der Produktion auch in der deutschen energieintensiven Industrie zeige, dass diese trotz der schwierigen Rahmenbedingungen konjunkturell nicht abgeschrieben werden sollte.
Dax-Erholung heute gescheitert
Der Dax hat nach einem zunächst freundlichen Verlauf heute mit leichten Verlusten geschlossen. Der Druck auf den deutschen Aktienmarkt kam am Nachmittag durch US-Konjunkturdaten, enttäuschte Reaktionen auf Quartalsberichte von US-Banken und einen schwachen US-Börsenauftakt. Die Stimmung der Anleger, die am Morgen noch frischen Mut gefasst hatten, trübte sich schlagartig wieder ein.
Der deutsche Leitindex, zeitweise noch in Richtung 18.200 Punkte geklettert, büßte letztlich 0,13 Prozent auf 17.930,32 Punkte ein. Auf Wochensicht verbuchte der Dax ein Minus von 1,4 Prozent. Der MDax, der Index der mittelgroßen Börsenwerte, gab um 0,47 Prozent auf 26.576,83 Punkte nach.
Europaweit sah es mit Ausnahme der Londoner Börse ähnlich aus. Der EuroStoxx 50, der Leitindex der Eurozone, verlor 0,23 Prozent auf 4955,01 Zähler. In den USA verbuchte vor allem die technologielastige Nasdaq-Börse deutliche Verluste, aber auch der bekannteste Wall-Street-Index Dow Jones zeigte sich zum Börsenschluss in Europa schwächer.
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