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Airbus-Rüstungschef: Müssen widerstandsfähiger werden

Die Luftfahrtschau ILA steht mehr als früher im Zeichen des Militärs. Großraumtransporter, Tarnkappenjets und Weltraumtechnik sind wichtige Themen. Der Rüstungschef von Airbus erläutert seine Pläne.

Michael Schöllhorn
Michael Schöllhorn ist Chef der Airbus-Rüstungssparte. Foto: Matthias Balk
Michael Schöllhorn ist Chef der Airbus-Rüstungssparte.
Foto: Matthias Balk

Engpässe in den weltweiten Lieferketten treffen nach Airbus-Angaben zunehmend auch die Flugzeugbauer.

Der Rüstungschef des europäischen Luftfahrtkonzerns, Michael Schöllhorn, plädiert für verstärkte Anstrengungen der Branche, sich dafür zu wappnen. »Die Behinderung wird spürbar«, sagte Schöllhorn, der auch Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) ist, der Deutschen Presse-Agentur vor der am Mittwoch beginnenden Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA). Airbus sieht dort gute Perspektiven für seinen Großraum-Transporter Beluga und präsentiert unter anderem auch seinen Kampfjet Eurofighter.

Probleme in der Lieferkette

»Noch vor der Ukraine-Krise war es so, dass die Chipkrise die Luftfahrt nur in einzelnen Bereichen traf, aber nicht so wie die Automobilindustrie«, sagte Schöllhorn. Mittlerweile treffe es auch die großen Zulieferer der Luftfahrtindustrie, die größere Elektronikbaugruppen bauten. »Das ist mittlerweile schon eine gewisse Mangelverwaltung. Wenn die Lieferkette an mehreren Stellen nicht funktioniert, kommt es schnell zu einem Welleneffekt, und die Arbeitsabläufe müssen neu organisiert werden nach dem Motto: Was kann ich denn jetzt als nächstes bauen«, sagte der Chef von Airbus Defence & Space.

Als Reaktion suche Airbus neue Lieferanten, indem beispielsweise andere Quellen für Titan erschlossen würden. »Da bin ich zuversichtlich. Bereits mit der Annexion der Krim im Jahr 2014 haben wir begonnen, eine gewisse Bestandshaltung aufzubauen. Kurz und mittelfristig sind wir so abgesichert. Schwieriger ist die Chipkrise. Aber auch da sind wir dran.«

Ziel sei es allgemein, gegen Störfaktoren widerstandsfähiger zu werden. »Das ist die Lehre sowohl aus Covid als auch aus der Ukraine-Krise«, sagte Schöllhorn. »Es gibt durchaus weitere geopolitische Themen in der Welt, die Europa sehr genau im Auge behalten muss, beispielsweise die Situation um Taiwan. Insofern gibt es ja überall Bestrebungen, auch mehr wieder zu redomestizieren.«

Geschäft mit Großraum-Transportern ausbauen

Der Flugzeugbauer will das Geschäft mit Großraum-Transportern für das Militär und zivilen Anwendungen ausbauen. »Mit dem Ausfall der Antonow-Flotte ist jetzt ein Vakuum in dem Bereich für Großraum-Transportflugzeuge entstanden. Wir wollen uns mit der Beluga in diesem Markt bewähren«, sagte er.

»Wir müssen unsere Satelliten unter bestimmten Bedingungen nach Kourou in Lateinamerika bringen. Das haben wir bisher häufig mit der Antonow gemacht. Im Moment fliegt die Antonow nicht mehr«, sagte er mit Blick auf den ukrainischen Flugzeugbauer, der Ziel russischer Angriffe wurde. Für die Streitkräfte in Europa gehe es auch um die Frage, wie sie Gerät von A nach B bringen könnten. Schöllhorn: »Und da spielt natürlich die Beluga durchaus auch eine Rolle in den Überlegungen.«

Allerdings sind die Beluga-Maschinen kleiner als die Antonow, die auch deutlich mehr Nutzlast transportieren können. Die Antonow An-225 - das größte Flugzeug der Welt - war schon im Februar beim russischen Angriff auf die Ukraine zerstört worden. Sie war bei der letzten Ausgabe der ILA 2018 noch bei der Ausstellung zu sehen gewesen.

Die Zukunft des Fliegens und der Raumfahrt

Rund 550 Aussteller präsentieren in Schönefeld von Mittwoch bis Sonntag ihre Lösungen für die Zukunft des Fliegens und der Raumfahrt. Neben weniger Schadstoffausstoß im Luftverkehr steht wegen des Ukraine-Kriegs der militärische Teil besonders im Blickpunkt. Die Branche hat dabei die geplanten zusätzlichen Militärausgaben Deutschlands von 100 Milliarden Euro im Blick.

Schöllhorn bremste aber Erwartungen an rosige Zeiten für die Luftfahrtbranche in Folge des Investitionspaketes. »Wenn man den ganzen Sofortbedarf von persönlicher Ausrüstung bis zu Munition und so weiter abzieht, sind schon mal 40 Milliarden fast weg, inklusive Mehrwertsteuer. Der Rest geht dann im Wesentlichen - mit ein paar kleineren Abweichungen - an die Großprojekte, über die wir seit Jahren schon sprechen«, sagte Schöllhorn. Im Prinzip würden damit Kompetenzen gehalten.

Airbus sei froh, der Luftwaffe den Eurofighter in einer Konfiguration für den elektronischen Kampf liefern zu können - also für das Stören, Niederhalten und Bekämpfen gegnerischer Luftabwehrstellungen. »Das ist für uns eine letztlich natürliche Fortsetzung dessen, was wir mal mit anderen Partnern auf den Tornado ECR gebracht haben«, sagte er.

Bis 2028 soll eine erste Version mit Anbautechnik einsatzbereit sein. Schöllhorn: »Und dann werden wir vorschlagen, dass wir in einer zweiten Stufe mit dem sogenannten Eurofighter LTE, also mit dem nächsten Upgrade des Eurofighter, die elektronische Kampffähigkeit in die Software-Architektur mit einbringen und damit die nächste Stufe erreichen.«

© dpa-infocom, dpa:220621-99-742336/3