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Agravis-Chef: Getreidepreise 2020 wohl stabil

Rohstoffkosten spielen für Brotpreise eine eher geringe Rolle. Aber wenn Getreide deutlich teurer wird, kann sich das auswirken. Womit rechnet Europas zweitgrößter Agrarhändler im neuen Jahr? Und was passiert beim Reizthema Düngemittel?

Getreideernte
Bauern ernten ein Weizenfeld in Mecklenburg-Vorpommern ab. Foto: Jens Büttner/zb/dpa
Bauern ernten ein Weizenfeld in Mecklenburg-Vorpommern ab. Foto: Jens Büttner/zb/dpa

Hannover/Münster (dpa) - Verbraucher in Deutschland müssen trotz der durchwachsenen Getreideernte 2019 wohl nicht mit höheren Preisen für Brot und Backwaren im neuen Jahr rechnen.

Der Chef des zweitgrößten europäischen Agrarhändlers Agravis, Dirk Köckler, schätzt, dass die Auswirkungen der neuerlichen Trockenheit in vielen Anbauregionen nicht allzu groß werden dürften. »Wir haben jetzt ein robustes Preisniveau«, sagte Köckler der Deutschen Presse-Agentur. »Größere Ausschläge nach unten oder oben« seien nicht zu erwarten. »Da gibt es wohl auch keine stärkeren Einflüsse auf die Lebensmittelpreise, was Getreide angeht.« 2020 werde für die Landwirte aber herausfordernd.

Die Kosten für Agrarrohstoffe wie Weizen oder Gerste fließen nur zu einem vergleichsweise geringen Anteil in die Endpreise beispielsweise für Brot ein. Die Getreidepreise selbst sind jedoch auch stark von internationalen Faktoren abhängig - »etwa dem Handelskrieg zwischen China und den USA«, wie der Agravis-Chef betonte. Dabei sei »vieles nicht vorhersehbar«. In Deutschland sei die Versorgung derzeit gut.

»Die Lage ist insgesamt aber leider etwas betrüblich«, schränkte Köckler ein. Denn zahlreiche Bauern hätten 2019 in Sachsen-Anhalt und Brandenburg sowie in Teilen Thüringens erneut unter Trockenheit und Hitze gelitten. »Während einer Woche im Juni mit bis zu 42 Grad sind die Bestände teilweise zusammengebrochen. Wir haben in manchen Regionen Weizenerträge, die nur bei gut der Hälfte des normalen Wertes liegen.« Beim Raps sei die Anbaufläche verglichen mit 2014 um zwei Drittel geringer. »Aber weil der Markt ein internationaler ist, gibt es viele Importe, die das ausgleichen«, sagte der Manager.

Die Situation der Agrarbranche beschäftige auch die Großhändler. Die Landwirtschaft sei bereit, sich zu ändern, meinte Köckler zur Klimadebatte. »Aber man ist es leid, immer nur gestupst zu werden - man möchte sich auch selber positionieren und nicht für das, was man tut, schämen müssen.« In Deutschland seien noch nie so hochwertige Lebensmittel zu so günstigen Preisen produziert worden wie heute.

Bundesweit hatten Bauern im Herbst für mehr Wertschätzung für ihren Beruf demonstriert. Viele sehen sich zu Unrecht kritisiert, während sie versuchten, umwelt- und klimaschonender zu wirtschaften. »Wichtig ist Planungssicherheit«, erklärte Köckler. »Wir binden uns für viele Jahre mit Produktionsverfahren - genau wie Landwirte, die Lagerraum schaffen oder Maschinen kaufen, die zehn Jahre und länger genutzt werden. Da sind wir von verlässlichen Rahmenbedingungen abhängig.«

Der Überdüngung der Böden in manchen Regionen - mit entsprechenden Gefahren fürs Grundwasser - versuche man, künftig mit neuer Technik zu begegnen. Dabei würden Sensorik, Robotik und Bilderkennung eine wichtige Rolle spielen, sagte der Agravis-Chef. Mit dem Datensystem DELOS könne schon heute der Düngemittelbedarf präzise kalkuliert werden. »Wir sind auch mit Landesbehörden im Dialog, dass unsere Dokumentation für Kontrollen genutzt werden kann.« Mit neuen Geodaten-Verfahren lasse sich der Düngemittel-Einsatz auf dem Feld je nach Ertragskraft bis auf wenige Zentimeter genau anpassen.

Die EU-Kommission hatte die Bundesregierung wegen zu hoher Nitratwerte im Grundwasser verklagt und 2018 beim Europäischen Gerichtshof Recht bekommen. Sie prüft neue Vorschläge aus Berlin.