Johannesburg (dpa) - Die Entstehung der weltgrößten Freihandelszone in Afrika mit einem Markt von 1,2 Milliarden Menschen befeuert die Erwartungen von Investoren und Wirtschaftslenkern.
»Durch die Freihandelszone eröffnen sich Chancen über Landesgrenzen hinweg mit deutlich größerem Marktpotenzial«, meint etwa der Chef von Volkswagen Südafrika, Thomas Schäfer. Er sieht das Abkommen als »historischen Schritt in die richtige Richtung« und betont: »Investitionen, insbesondere deutscher Unternehmen, machen gerade jetzt in dieser frühen Phase Sinn.« Am vergangenen Sonntag war beim Gipfel der Afrikanischen Union (AU) in Niamey (Niger) der Startschuss für das panafrikanische Freihandelsabkommen AfCFTA gefallen, nachdem auch Nigeria seinen Beitritt erklärt hatte.
»Die neue Freihandelszone könnte den innerafrikanischen Handel bis zum Jahr 2040 um 15 bis 25 Prozent steigern«, schätzt Joachim Lang, der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Er ist sicher: »Eine panafrikanische Freihandelszone vereinfacht langfristig Investitionen und Handel deutscher Unternehmen mit den über 50 Ländern Afrikas.«
Sie sind heute durch hohe Einfuhrzölle und Bürokratie-Hürden geprägt. Die bisherige geringe Marktgröße der einzelnen Länder schreckte nach Ansicht der für Afrika zuständigen BDI-Referentin Jennifer Howe viele Investoren ab. Durch die Vereinfachung des innerafrikanischen Handels sollen sie nun verstärkt ins Land kommen. »Vor allem in Ost- und Westafrika sehen wir großes Potenzial«, erklärte Howe. Auch Melanie Müller von der Stiftung Wissenschaft und Politik teilt diese Ansicht.
Bisher liegt der Anteil des Handels zwischen den afrikanischen Staaten nach AU-Angaben gerade mal bei 15 Prozent. »Durch freie Waren-, Dienstleistungs- und Personenverkehre in Verbindung mit der extrem schnell voranschreitenden Digitalisierung, hat Afrika die Chance, erhebliches Wachstum zu generieren«, glaubt Schäfer, der dabei vor allem die Autoindustrie als Schlüsselindustrie sieht.
Bei der AU herrscht Euphorie. »Jedes Jahr wird es eine Zwischenbilanz geben um zu sehen, wie weit wir bei der Umsetzung des Abkommens sind«, sagte der AU-Handelsbeauftragte Albert Muchanga der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings mangelt es angesichts der ambitionierten Pläne nicht an skeptischen Stimmen - auch auf dem Kontinent selbst. »Dem Freihandel zuzustimmen und ein entsprechendes Beitrittsabkommen zu unterzeichnen ist stets einfacher, als es umzusetzen«, warnt der südafrikanische Analyst Gary van Staden mit Hinweis auf gesetzliche und technische Anpassungen.
Die auf Auslandsniederlassungen in Afrika spezialisierte Wirtschaftskanzlei Rödl & Partner sieht es ähnlich. »Bislang ist die Freihandelszone nur auf dem Papier geschaffen; die Zeit wird zeigen, wie die beteiligten afrikanischen Staaten nun dieses Abkommen mit Leben füllen«, betont José Campos Nave. Doch auch er sieht große Chancen für deutsche Unternehmen: »Insbesondere in Afrika besteht ein großer Nachholbedarf an Waren und Dienstleistungen« Vor allem bei Infrastruktur, Wasser und Abwasser, Energie, Nahrungsmitteln und Landwirtschaft entstünde ein riesiger Absatzmarkt.