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Özdemir will Ausbau des Bio-Markts stärker ankurbeln

Gurken, Äpfel oder Nudeln: Zumindest ab und zu greifen viele schon zu »bio«. Doch das Potenzial ist noch größer, und die Politik will Angebot und Nachfrage steigern. Einig ist die Regierung aber nicht.

Bio-Strategie 2030
Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, stellt in der Bundespressekonferenz die Bio-Strategie 2030 vor. Foto: Kay Nietfeld/DPA
Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, stellt in der Bundespressekonferenz die Bio-Strategie 2030 vor.
Foto: Kay Nietfeld/DPA

Bundesagrarminister Cem Özdemir will den Ausbau des Markts für Bio-Produkte in Deutschland stärker ankurbeln. Das angestrebte Wachstum eröffne der gesamten Lebensmittelwirtschaft zusätzliche Möglichkeiten, sagte der Grünen-Politiker am Donnerstag in Berlin.

Eine nun vom Ministerium vorgelegte Strategie sieht dafür verschiedene Maßnahmen vor. Dazu gehört verstärkte Bio-Forschung, um Erträge des ökologischen Landbaus zu steigern. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen genauer über Vorteile der Bio-Produktion für den Umwelt- und Tierschutz informiert werden. Ein wichtiger Hebel sollen zudem mehr Bio-Speisen in Kantinen und Restaurants sein. Umwelt- und Verbraucherschützer forderten deutlich weitergehende Maßnahmen.

Ziel der Ampel-Koalition ist, den Anteil der Bio-Landwirtschaft schon bis 2030 auf 30 Prozent der gesamten Agrarfläche auszuweiten. Zuletzt war der Anteil ökologisch bewirtschafteter Felder und Wiesen weiter gestiegen - allerdings nur leicht auf 11,2 Prozent mit Stand Ende 2022. Bio arbeiten nun 14,2 Prozent aller Landwirtschaftsbetriebe.

Özdemir sagte, Bio sei »ein funktionierendes Geschäftsmodell« mit 15,3 Milliarden Euro Umsatz 2022. Es gelte, die 30 Prozent nicht nur in der Produktion, sondern in der ganzen Wertschöpfungskette bis zu den Verbrauchern zu erreichen. Dabei seien 30 Prozent Bio »ein ambitioniertes Ziel«. Aber jetzt gebe es einen Fahrplan, damit es Realität werden könne. Starten soll an diesem Montag auch eine »Bio-Informationsoffensive« mit Plakaten und Videos.

Foodwatch: »ein Märchen der Grünen«

Der Minister betonte mit Blick auf die Bauern: »Niemand muss auf Bio umsteigen.« Es sei für Höfe eine Option. Bio-Produktionsweisen seien »ein Innovationstreiber auch für die konventionelle Landwirtschaft«. Öko-Landbau wirke zudem inflationshemmend, wenn Preissteigerungen für synthetischen Dünger nicht durchschlügen. Chemisch-synthetische Dünge- und Pflanzenschutzmittel sind beim ökologischen Landbau tabu.

Die Verbraucherorganisation Foodwatch kritisierte das 30-Prozent-Ziel als »ein Märchen der Grünen«. Geschäftsführer Chris Methmann sagte: »Bio ist und bleibt Nische, und es ist eine Illusion, dass sich daran in naher Zukunft etwas ändern wird, besonders wegen der anhaltend hohen Lebensmittelpreise.« Statt mit wirksamen Gesetzen die gesamte Landwirtschaft nachhaltiger, tierfreundlicher und umweltschonender zu machen, wolle Özdemir mit Werbeplakaten und Aufklärungskampagnen den mickrigen Bio-Markt päppeln.

Die Umweltorganisation WWF erklärte, die Strategie enthalte Schritte in die richtige Richtung, lasse aber Potenziale ungenutzt. So sollte der Bund in allen Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung wie Kantinen einen Anteil der Bioprodukte von 30 Prozent bis 2025 und von 50 Prozent bis 2030 gesetzlich verankern und fördern. Fraglich sei zudem, was eine Strategie erreichen könne, die offensichtlich nicht von der gesamten Bundesregierung unterstützt werde.

Özdemir sagte, ihm wäre es natürlich lieber gewesen, wenn es eine Strategie der gesamten Bundesregierung wäre. »Das war leider nicht möglich.« Er verwies auf eine ablehnende Haltung des FDP-geführten Forschungsministeriums, weil dieses auch neue Gentechniken in der Strategie habe verankern wollen. Die Bio-Strategie sei aber nicht der Ort dafür. Es gebe einen funktionierenden Markt, in dem dies weder von Herstellern noch Konsumenten gefordert werde, machte Özdemir deutlich. Daher gebe es nun eine Strategie des Ministeriums.

© dpa-infocom, dpa:231116-99-969859/3