CHIANG RAI. Im Höhlendrama von Thailand hat nach dem ersten Erfolg ein neuer Rettungsversuch begonnen. Im Norden des Landes machte sich am Montag wieder ein internationales Team von Spezialtauchern auf den Weg, um die seit 16 Tagen eingeschlossenen acht Jungen und ihren Trainer herauszuholen.
Der Einsatz, der als sehr gefährlich gilt, wird mehrere Stunden dauern. Den vier Jungen, die am Sonntag als erste gerettet werden konnten, geht es nach Angaben der Behörden verhältnismäßig gut.
Provinzgouverneur Narongsak Osottanakorn bestätigte in der nahegelegenen Stadt Mae Sai, dass der neue Einsatz seit 11.00 Uhr Ortszeit (07.00 Uhr MESZ) läuft. Nach Angaben des Missionsleiters ist das Wasser in der teilweise überfluteten Höhle stark gesunken. »Der Wasserstand ist tief. Das Wetter ist gut. Die Ausrüstung ist bereit. Deshalb haben wir uns entschlossen.« Nach Regenfällen über Nacht schien am Montag in der Region die Sonne. »In ein paar Stunden werden wir gute Nachrichten bekommen«, sagte der Gouverneur.
Die ersten vier Jugendlichen im Alter zwischen 11 und 16 Jahren waren am Sonntagabend in einer spektakulären Rettungsaktion aus der teils überfluteten Höhle geholt worden. Dann wurde der Einsatz unterbrochen, um die Atemluftvorräte entlang der fast vier Kilometer langen Strecke zu erneuern. Zudem sollten die Taucher die Möglichkeit bekommen, neue Kraft zu schöpfen. Am Eingang der Höhle warteten die Familien auf gute Nachrichten.
Möglicherweise wird die Aktion aber bis Mitte der Woche dauern. Weil in Südostasien gerade Monsun-Saison ist und neue schwere Regenfälle drohen, ist sie auch ein Kampf gegen die Zeit. Die Höhle Tham Luang-Khun Nam Nang Non liegt ganz im Norden Thailands an der Grenze zu Myanmar. In der Regenzeit gilt es als großer Leichtsinn, sie zu betreten.
Die Kinder werden jetzt in einem Krankenhaus der Provinzhauptstadt Chiang Rai behandelt. Noch am Montag sollten sie ersten Besuch von ihren Familien bekommen dürfen. Allerdings sollen sie nach den zwei Wochen in fast kompletter Dunkelheit äußerst vorsichtig wieder ans normale Leben herangeführt werden.
Die Rettung des Fußballteams namens »Wildschweine« ist sehr gefährlich. An manchen Stellen ist der Weg hinaus so eng, dass die Taucher ihre Atemluft-Flaschen abschnallen müssen. Darüber hinaus kann man im Wasser kaum sehen. Bei der Vorbereitung der Mission war am Freitag ein erfahrener thailändischer Taucher ertrunken. Jetzt nehmen jeweils zwei Retter die Jungen, von denen kein einziger richtig tauchen kann, ins Schlepptau. Alle sind mit Taucherbrillen ausgerüstet und werden von den Männern mit Luft versorgt.
Insgesamt sind etwa 90 Taucher im Einsatz. Das Kernteam besteht aus 18 Spezialtauchern, davon der größte Teil aus dem Ausland, aus Ländern wie Australien und Großbritannien. Die australische Außenministerin Julie Bishop äußerte am Montag die Erwartung, dass die Jungen und ihr Betreuer wie am Sonntag in Vierer-Gruppen aus der Höhle gebracht würden. Dies würde bedeuten, dass sich die Aktion noch länger hinziehen könnte.
Die Retter hatten sich nach langen Vorbereitungen erst am Sonntagmorgen endgültig zu dem Einsatz entschlossen. Das Drama dauert seit dem 23. Juni, als die Gruppe in der Höhle von Wassermassen überrascht wurde.
Mit dem ersten Wiedersehen mussten sich die Familien der vier geretteten Jungen zunächst gedulden. Der achte Stock der Klinik in Chiang Rai, wo die Jungen die erste Nacht nach ihrer Rettung verbrachten, ist von der Polizei abgesperrt. Am Montag war zu beobachten, wie eine erste Gruppe von Zivilisten eingelassen wurde. Von Seiten des Krankenhauses gab es aber keine Bestätigung dafür, dass dies bereits Familienangehörige waren.
Mitschüler hoffen auf Nachricht von geretteten Fußballern
Wem wird zuerst geholfen?
Das Drama um die in einer Höhle eingeschlossene Fußballmannschaft wird in Thailand jetzt auch als Mahnung genutzt, im Englisch-Unterricht besser aufzupassen. In der Prasitsart-Schule der nordthailändischen Gemeinde Mae Sai, wo sechs der zwölf Jungen unterrichtet werden, hängt nun ein großes Plakat zu ihrer Unterstützung. Darauf steht: »You never know when you will need your English.« (»Man weiß nie, wann man sein Englisch brauchen wird.«)
Dazu wird der Wortwechsel wiedergegeben, den einer der Schüler auf Englisch mit dem britischen Taucher John Volanthen führte, der das Team nach tagelanger Suche in der Höhle entdeckt hatte. (»Wie viele seid ihr hier?« »13« »Brillant.«) In Thailand, wo sich viele Leute mit der englischen Sprache eher schwer tun, bekam der Junge dafür bereits viel Lob. Zudem kündigte die Schule am Montag an, dass die Jungen bei einem glücklichen Ausgang des Dramas zunächst einmal keine Klassenarbeiten mitschreiben müssen.
Der Lehrer Thongyaud Kejorn berichtete, dass sowohl Lehrer als auch Mitschüler auf eine Rückkehr vorbereitet würden. Dazu gehöre, dass dann keine Themen angeschnitten werden sollten, die »ihre Gefühle verletzen«. Von den zwölf Jungen konnten am Sonntag vier gerettet werden. Acht der Kinder befanden sich am Montag zusammen mit dem Trainer noch in der Höhle. (dpa)