SYDNEY. Traurig geht das Jahr in Australien zu Ende: Die Buschbrände im Südosten des Landes haben bisher mindestens zwölf Menschen das Leben gekostet. Ein Vater und sein Sohn wurden am Dienstag nach Behördenangaben unweit der Küste des Bundesstaats New South Wales tot aufgefunden.
Sie hatten demnach versucht, ihr Haus in dem Ort Cobargo vor der Feuersbrunst zu schützen. Mindestens fünf Menschen galten noch als vermisst. Im südlichen Bundesstaat Victoria flüchteten Tausende Urlauber an den Strand, um Schutz vor den herannahenden Flammen zu suchen.
Angesichts der teils unkontrolliert brennenden Großfeuer und vielerorts abgeschnittener Fluchtwege bangen die Rettungskräfte um das Leben von vier Vermissten in Victoria. Im Nachbarstaat New South Wales wurde noch nach einem verschollenen Mann gesucht.
Inmitten des Chaos und der wachsenden Luftverschmutzung hält die Küstenmetropole Sydney trotz Protesten an ihrem traditionellen Silvester-Feuerwerk im Hafen fest. Hunderttausende Unterzeichner einer Petition hatten sich vergebens bis zuletzt um eine Absage der Pyro-Show bemüht. Die Feuerwehr gab schließlich eine Sondergenehmigung für die Touristenattraktion, die der größten Stadt des Landes alljährlich Einnahmen von umgerechnet rund 80 Millionen Euro einbringt. Während der Silvesterfeiern, zu denen eine Million Besucher in Sydney erwartet werden, will aber auch das Rote Kreuz Geld sammeln für die erschöpften Rettungskräfte und jene Menschen, denen die Flammen fast alles genommen haben.
Mit Blick auf die Buschbrände sei aber nicht das Silvester-Feuerwerk in Sydney, sondern der Klimawandel das wahre Problem, sagte die Oberbürgermeisterin der Küstenmetropole. »Menschen haben ihr Zuhause verloren, Menschen sind gestorben. Feuerwehrleute sind bei der Verteidigung ihrer Gemeinden umgekommen«, ergänzte Clover Moore Reportern am Dienstag und kritisierte die Klimapolitik der Regierung in Canberra. »Was hier passiert, ist ein Weckruf für unsere Regierungen, künftig auf effiziente Weise zur Reduzierung der weltweiten Emissionen beizutragen.«
Australische Naturschützer beklagen zudem die Auswirkungen der anhaltenden Buschfeuer auf Kängurus, Koalas und andere Arten. »Viele Tiere litten schon unter einem Mangel an Wasser und Nahrung durch die Dürre«, schreibt der Tierrettungsdienst Wires im Bundesstaat New South Wales auf seiner Webseite. »Mit den Bränden, die eine nie dagewesene Zahl von Lebensräumen zerstören, ist auch der Futtermangel schlimmer geworden«, beklagt die Organisation. Australische Medien hatten immer wieder von Kängurus, Koalas und anderen Tieren berichtet, die vor den Flammen flohen oder darin verbrannt waren.
Schon seit Oktober wüten die Buschbrände auf dem Kontinent, doch nunmehr hat sich die Lage zugespitzt: Allein in New South Wales ist mittlerweile eine Fläche der Größe Belgiens abgebrannt, fast 1000 Häuser wurden zerstört. Und ein Ende des Infernos ist nicht in Sicht. Am Dienstag stiegen die Temperaturen bis weit über 40 Grad. Es wurden auch Unwetter mit starken Windböen erwartet, die die Brände weiter anfachen könnten.
Der Fall eines am Montag umgekommenen Feuerwehrmanns verdeutlicht die Zerstörungskraft der Flammen: Sein zwölf Tonnen schweres Löschfahrzeug wurde durch einen vom Feuer ausgelösten Tornado in die Höhe gerissen und krachte mit dem Dach voran zu Boden. Zwei Kollegen des 28-Jährigen kamen mit Verbrennungen und anderen Verletzungen ins Krankenhaus. Auch ein kleinerer Einsatzwagen wurde von der Wucht der angefachten Winde durch die Luft gewirbelt und aufs Dach geschleudert. Dabei wurde ein weiterer Feuerwehrmann schwer verletzt. Der regionale Feuerwehrchef Shane Fitzsimmons nannte die Lage angesichts des außer Kontrolle geratenen Buschfeuers auf halber Strecke zwischen Sydney und Melbourne »wahrlich schrecklich«.
In der rund 500 Kilometer östlich von Melbourne gelegenen Küstenstadt Mallacoota wurden rund 4000 Urlauber von den Behörden angewiesen, sich aus Sicherheitsgründen ans Meer zu begeben. Da die meisten Fluchtwege über Straßen abgeschnitten waren, versammelten sich viele von ihnen am Strand. Selbst bis dorthin trug der Wind die Aschefetzen und Glutspäne der ringsum lodernden Feuer. Der Himmel über Mallacoota sei »pechschwarz, und es ist sehr beängstigend«, sagte Andrew Crisp vom Zivilschutz in Victoria.
»Es ist immer noch eine dynamische und gefährliche Situation«, fügte Crisp mit Blick auf die Gesamtlage im Nordosten Victorias hinzu, wo die Flammen binnen einer Woche eine Fläche halb so groß wie das Ruhrgebiet zerstört haben. Premierminister Scott Morrison sagte dem Bundesstaat die Unterstützung des Militärs zu, nachdem Victorias Regierung Hubschrauber und Marineschiffe angefordert hatte, um Menschen in Notlage zu versorgen und in Sicherheit zu bringen. (dpa)