TESSIN. Pumba liegt erschossen im Straßengraben in der kleinen Ortschaft Liepen, rund 40 Kilometer östlich von Rostock. Daneben stehen fünf Mitarbeiter des Circus Barlay. Die Tränen fließen, sie können es nicht fassen, dass ihr fünfjähriges Zebra tot ist.
Neben der Trauer kommt auch Wut auf. Denn nach Darstellung von Augenzeugen sei die Tötung des Tieres, das sich zuvor auf die Autobahn 20 verirrt hatte, nicht notwendig gewesen.
Das Drama hatte in der Nacht zu Mittwoch angefangen, als der Zirkus in Tessin ankam. Das Problem sei gewesen, dass Sie mit ihren vier Schwertransportern und den Tieren nicht aufs Gelände fahren konnten, wie Zirkuschef Jonny Ortmann berichtet. Sonst wären die Tiere einfach ins Gehege gelaufen. Beim Ausladen seien die zwei Zebras abgehauen.
Laut Polizei ließ sich eines eingefangen und wurde zurückgebracht. Pumba ließ sich aber weder mit Futter noch mit anderen Methoden dazu bewegen zurückzukommen. Er lief am Mittwochmorgen auf die Autobahn 20 und verursachte dort einen Unfall. Beim Versuch, einen Zusammenstoß mit dem Zebra zu vermeiden, berührten sich zwei Autos. Verletzt wurde niemand. Die Autobahn wurde gesperrt.
Auf der weiteren Flucht überlief Pumba die Motorhaube eines Wagens und beschädigte einen Streifenwagen. Neben der Polizei wurde noch die Tierrettung der Rostocker Feuerwehr verständigt. Die Flucht des Zirkus-Zebras wurde schließlich in Liepen von einem Mitarbeiter der Tierrettung mit zwei Schüssen beendet.
Über den Ablauf in dem rund 60-Einwohner-Ort Liepen gibt es zwei Versionen. Wie der Rostocker Stadtsprecher Ulrich Kunze berichtete, war der Einsatz eines Betäubungsgewehrs nicht möglich, da eine Gefährdung anderer nicht ausgeschlossen werden konnte. »Das Tier war nach Einschätzung der Mitarbeiter nicht zu bändigen.« Aus einer Distanz von rund 60 Metern sei nur der Schuss mit der scharfen Munition möglich gewesen.
»Es ging doch gar keine Gefahr aus«, sagt dagegen Anwohnerin Petra Melchin über Pumba. »Der war kaputt, der Kopf war unten.« Ihrer Meinung nach hätte direkt neben dem Tier nur ein fünf Meter entferntes Tor zu einem umzäunten Feld geöffnet werden müssen. »Er wäre reingelaufen und gut wäre es gewesen.« Es habe keinen Grund gegeben, das Tier zu töten. »Definitiv nicht.« Und dann habe der Schütze seine Schüsse aus naher Entfernung abgegeben: »Das waren keine zehn Meter.« Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen.
Auch Zirkuschefin Adriane Ortmann ist entsetzt. Die Polizei habe zugesichert, dass Pumba nur betäubt werde. »Er hat ganz brav hier gestanden«, sagt sie dem Sender »Antenne Mecklenburg-Vorpommern«. Sein Ausflug wäre hier zu Ende gewesen. Alle seien geschockt.
Zirkus-Mitarbeiter kündigten an, Anzeige gegen den Schützen zu erstatten. Jonny Ortmann sagt, dass am Freitag die Premiere in Tessin trotzdem stattfinden werde. »Es muss ja weitergehen.« Das sei eben das Zirkusleben. Und es werde in der Manege auch wieder gelacht.
Die Tierschutzorganisation Peta forderte unterdessen ein bundesweites Wildtierverbot in Zirkussen. Der Ausbruch der beiden Zebras sei ein weiterer Beleg dafür, dass Zirkusbetriebe solche Tiere weder sicher noch artgerecht unterbringen können, hieß es in einer Mitteilung vom Mittwoch. (dpa)