BERLIN. Der Wolf sorgt in Deutschland immer wieder für hitzige Debatten. Einerseits ist er eine nach dem Europarecht streng geschützte Art, andererseits reißt er Weidetiere und sorgt damit für wirtschaftliche Verluste. Bislang regeln die Bundesländer den Abschuss. Ein neuer Vorschlag von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) könnte nun bundesweit Rechtssicherheit schaffen.
Lemke will den Abschuss von Wölfen bereits nach dem ersten Riss ohne vorherigen DNA-Test ermöglichen. Bislang musste vor dem Abschuss eines Wolfes ein DNA-Test gemacht werden, um sicherzustellen, dass tatsächlich der richtige Wolf abgeschossen wird. Die Frage nach dem Abschuss von Wölfen sei immer eine Abwägung zwischen Artenschutz und Schutz der Weidetiere, erklärte Lemke. Zwar könne er nach heutiger Rechtslage bereits getötet werden, es handle sich jedoch um ein bürokratisch aufwendiges Verfahren.
Die Ministerin selbst spricht dabei explizit vom Töten und Abschießen des Tieres, nicht dem geschönten »Entfernen«. Lemke schlägt unkomplizierte Schnellabschüsse vor und ein regionales Wolfsmanagement für jene Wölfe, die Schafe reißen. Eine allgemeine Abschusserlaubnis und sogenannte wolfsfreie Zonen seien mit dem Artenschutz und geltendem EU-Recht nicht vereinbar.
Ihr Vorschlag: In Regionen mit erhöhtem Rissvorkommen sollen Wölfe bereits nach dem ersten Riss ohne DNA-Abgleich in einem Umkreis von tausend Metern 21 Tage lang abgeschossen werden dürfen. Ein Gentest solle zwar weiterhin erfolgen, allerdings erst im Anschluss. Hintergrund ist, dass ein Wolf innerhalb von 21 Tagen zur selben Weide zurückkehrt. Die eventuelle Neuregelung sei »Erfolg versprechend, um den schadenversursachenden Wolf zu identifizieren«.
Lemkes Vorschlag ist damit nicht allzu weit entfernt von einer Regelung, die seit Mai bereits in Bayern gilt. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verabschiedete ein Gesetz, nach dem Wölfe geschossen werden dürfen, sobald sie ein Tier verletzen oder reißen, oder sie sich Menschen und Ortschaften nähern. Dennoch gibt es Kritik aus Reihen der Union: »Die Vorschläge von Bundesumweltministerin Lemke greifen immer noch zu kurz. Zwar soll der Abschuss von Problemwölfen erleichtert werden, doch die Regelungen dafür sind in der Praxis schwer umsetzbar«, sagte Anja Weisgerber, umweltpolitische Sprecherin der Fraktion. »Zu den notwendigen Änderungen auf EU-Ebene schweigt Steffi Lemke gänzlich. Eigentlich müsste sich Deutschland aufgrund der wachsenden Bestände in Europa für eine Herabsetzung des Schutzstatus einsetzen.« Die Ausgestaltung der Regionen liegt bei den Ländern. »Damit entsteht maximale Handlungsfähigkeit vor Ort«, sagte Lemke. Oft überquerten die Tiere Landkreisgrenzen, wodurch in der Vergangenheit Abschussgenehmigungen erloschen. So könne eine Region auf zwei Landkreise ausgeweitet werden. Eine Bedingung für den Abschuss ist ein »zumutbarer Herdenschutz«, der vom Rissgutachter festgestellt wird. Besteht dieser nicht, könne keine Abschussgenehmigung erteilt werden.
Wie genau der »zumutbare Herdenschutz« aussieht, ist Abwägungssache, da die Begebenheiten auf Almen und Deichen anders sind als auf flachem Land. Dazu laufe laut Umweltministerin aktuell ein Forschungsprojekt. »Es gibt keine einfache Lösung«, sagt sie. Aber: »Ein reines ansatzloses Abschießen wird es nicht geben.«
Ihren Vorschlag habe Ministerin Steffi Lemke bereits den Landesministern mit positiver Resonanz vorgestellt. Im November findet sich dann die Umweltministerkonferenz zusammen, um verschiedene Vorschläge zu besprechen. Laut der Ministerin könne die neue Regelung aber bereits bis zum 1. Januar umgesetzt werden. (GEA)