Aschenbrödel läuft im altrosafarbenen Kapuzenumhang über eine verschneite Terrasse auf ein hell erleuchtetes Schloss zu - an einem Fenster haucht sie ein Guckloch in die Eisblumen auf der Scheibe. Das Beispiel eines Films, der in der Weihnachtszeit Kultstatus genießt.
Einer aktuellen Umfrage zufolge ist »Drei Haselnüsse für Aschenbrödel« bei Erwachsenen in Deutschland der beliebteste Weihnachtsfilm - gleichauf mit »Kevin - Allein zu Haus«. Auf den weiteren Plätzen folgen »Der kleine Lord« und »Sissi«. Jeder Fünfte sagt aber auch »Ich gucke keine Weihnachtsfilme«.
Diese Woche kommen all diese Filme wieder traditionell im Fernsehen. Doch wo wurden »Aschenbrödel«, »Kevin« oder »Der kleine Lord« eigentlich gedreht? Ein Ausflug zu Drehorten von beliebten Weihnachtsklassikern, die sich in Sachsen oder dem Salzkammergut, in England oder auch Illinois befinden:
»Drei Haselnüsse für Aschenbrödel«: Die irren Kostüme der bösen Stiefmutter, der Prinz im Schnee, der Schuh auf der Treppe zum Schloss, die Eule Rosalie, das Pferd Nikolaus - für Millionen Deutsche ist das vertraut. Vor allem die Musik von Karel Svoboda sorgt für heimelige Atmosphäre und geht kaum aus dem Kopf, wenn die Märchen-Koproduktion von CSSR und DDR von 1973 wieder mal am Bildschirm läuft.
Das hübsche gelbe Barockschloss aus »Tri orísky pro Popelku« (so der tschechische Titel) ist das Schloss Moritzburg im Landkreis Meißen bei Dresden. Es vermarktet seine Berühmtheit mit einer Winterausstellung zum Film. Bis Ende Februar läuft sie wieder.
»Sissi«: Die historische Sisi verbrachte große Teile ihrer Kindheit im Schloss Possenhofen im oberbayerischen Landkreis Starnberg. Doch für die legendären »Sissi«-Filme Mitte der 1950er Jahre drehte man nicht am damals heruntergekommenen Originalort. Stattdessen wich man für die rührseligen Szenen 1955 auf ein ehemaliges Jagdschloss in Österreich aus.
Schloss Fuschl am türkisblauen Fuschlsee ist schon seit Ende der 40er Jahre ein Hotel. Das 5-Sterne-Luxushotel, 20 Auto-Minuten von der Stadt Salzburg entfernt, wird derzeit laut Marriott-Gruppe umgebaut und sei deshalb »bis Ende 2023« geschlossen.
»Der kleine Lord«: Der britische TV-Film von Jack Gold (Original: »Little Lord Fauntleroy«) aus dem Jahr 1980 holt in jeder Weihnachtszeit gute Einschaltquoten im deutschen Fernsehen. In dem Film geht es um den kleinen Cedric (Ricky Schroder), der verarmt mit seiner Mutter in New York lebt. Er ahnt nicht, dass sein gestorbener Vater einer britischen Adelsfamilie angehörte und wegen der Heirat mit einer bürgerlichen Amerikanerin enterbt wurde.
Eines Tages lädt sein grantiger Großvater (Alec Guinness) den Achtjährigen nach England ein. Er möchte seinen einzigen Nachfahren kennenlernen und standesgemäß erziehen. Als Schloss, in dem Cedric das harte Herz des Earls erweicht, fungiert Belvoir Castle in der englischen Grafschaft Leicestershire. Die meisten Innenaufnahmen entstanden in Studios.
»Tatsächlich... Liebe«: Das Kaufhaus, in dem Harry (Alan Rickman) seiner Sekretärin und Geliebten Mia (Heike Makatsch) möglichst unbemerkt von seiner Frau im selben Laden eine teure Kette kaufen möchte und der Verkäufer (»Mr. Bean«-Comedian Rowan Atkinson) sehr viel Zeit in deren künstlerische Verpackung investiert, ist nicht Harrods, sondern das Kaufhaus Selfridges & Co. in der berühmten Oxford Street (Nr. 400). Der Film ist natürlich noch voller anderer Londoner Drehorte, darunter die kleine Straße St Luke's Mews im Stadtteil Notting Hill und der Flughafen Heathrow.
»Kevin - Allein zu Haus«: Das prachtvoll aussehende Wohnhaus der Familie McAllister, die zu Weihnachten nach Paris fliegt und ihren jüngsten Sohn aus Versehen vergisst, befindet sich im Großraum Chicago in Illinois. Vergangenes Jahr sorgte Airbnb für Aufsehen, weil die »Home Alone«-Villa dort buchbar war.
Viele Szenen aus dem Film - vor allem jene mit den Fallen für die fiesen Einbrecher - wurden wohl gar nicht in dem Haus gedreht, sondern in einem Set in einer Turnhalle. Egal. Das weltbekannte geklinkerte Haus steht nicht weit vom Lake Michigan, etwa 30 Kilometer nördlich von Chicagos Innenstadt. Die Adresse in Winnetka lautet 671 Lincoln Avenue.
Stichwort: Weihnachtsfilm
Im engeren Sinne handelt es sich um Filme, die sich um das Motiv Weihnachten und die Bräuche rund ums Fest drehen. Oft geht es darin um den Kern der Weihnacht, also Liebe, den Glauben, dass es etwas Größeres als nur den Menschen auf Erden gibt, oder dass es sich lohnt, Bedürftigen - etwa Kindern und Armen - zu helfen.
Weihnachtsfilme aus den USA sind aber oft auch einfach nur romantische Komödien in adventlichem Ambiente - wie zum Beispiel »Liebe braucht keine Ferien« (Original: »The Holiday«; Regie: Nancy Meyers) mit Cameron Diaz, Kate Winslet, Jude Law und Jack Black.
Der Begriff »Weihnachtsfilm« wird auch öfter für heimelige Filme gebraucht, die traditionell zu Weihnachten im Fernsehen ausgestrahlt werden, ohne direkt einen Bezug zum Fest zu haben.
Dazu zählen in Deutschland zum Beispiel die »Sissi«-Filme mit Romy Schneider, die "Kevin"-Filme mit Macaulay Culkin, die im Krieg gedrehte Schülerkomödie "Die Feuerzangenbowle" mit Heinz Rühmann oder das DDR-Filmmärchen »Drei Haselnüsse für Aschenbrödel«.
Nicht gemeint mit »Weihnachtsfilm« sind dagegen Filme, in denen die Geburtsgeschichte von Jesus erzählt wird oder in denen das Weihnachtsfest nur mal kurz vorkommt.
Als einer der berühmtesten Weihnachtsfilme weltweit gilt das Hollywood-Melodram »Ist das Leben nicht schön?« von 1946.
In Deutschland waren in den letzten Jahrzehnten im Kino zum Beispiel »Santa Clause - Eine schöne Bescherung« mit Tim Allen (1994) und »Der Polarexpress« mit Tom Hanks (2004) erfolgreich sowie »Der Grinch« (2000 mit Jim Carrey und 2018 dann als Animationsfilm mit der Stimme von Otto beziehungsweise im Original Benedict Cumberbatch).
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