REUTLINGEN/STADE. Eine Katze an der Leine, die andere im Rucksack. Katzenbesitzer, die so mit ihren Stubentigern spazieren gehen, ernten oft komische Blicke. Dabei ist das vor allem für Katzen in Städten eine gute Möglichkeit, frische Luft zu schnappen. Julia Rüdiger macht seit einigen Jahren Ausflüge mit ihren beiden Katzen Nala und Malou. Mit ihrem Instagramaccount »Nalas Catventures« ist sie Petfluencerin, also Haustierinfluencerin des Jahres 2023 in der Kategorie der Katzen geworden. Auf Instagram schauen mehr als 70.000 Follower beiden sibirischen Stubentigern mit dem langen Fell auf ihren Trips in die Natur zu.
»Die Ausflüge und Reisen sind für mich eine tolle Möglichkeit, die Bindung zu Nala und Malou zu verstärken«, sagt Rüdiger. Ob an der Nordsee beim Campen, beim Geocaching oder im eigenen Garten, Julia Rüdiger und ihre zwei Stubentiger sind unzertrennlich. »Wir sind ein tolles Dreierteam«, sagt sie. Auf die Idee, mit ihren Katzen an der Leine vor die Tür zu gehen, kam Rüdiger, weil sie lange in einer kleinen Wohnung an einer Hauptstraße lebte. Ihre ältere Katze Nala ist sehr bewegungsfreudig, doch einfach herauslassen konnte sie die »wilde Rennmaus«, wie sie sie nennt, nicht. Aus Erfahrung mit ihrer früheren Katze Chili wusste sie zudem, dass draußen viel passieren kann - und dass das schnell zu hohen Tierarztrechnungen führt. Also was tun? Rüdiger besorgte sich ein Geschirr und legte los. Inzwischen macht sie mit Nala und der jüngeren Malou auch mal Wanderungen von bis zu zehn Kilometern - von denen die Katzen aber einige Zeit auch im Rucksack oder im Jogger verbringen. Doch bevor man sich mit der eigenen Katze so vor die Haustür wagt, sollte das ein oder andere beachtet werden.
»Es ist nicht für jede Katze etwas, zum Spazieren nach draußen zu gehen«, weiß Rüdiger. »Man sollte schauen, ob die Katze aufgeschlossen ist: Wie reagiert sie bei lauten Geräuschen, wie verhält sie sich, wenn Besuch da ist und hat die Katze einen hohen Bewegungsdrang«, zählt Rüdiger auf. Genauso wichtig wie der Charakter der Katze sei aber auch, dass der Ausgang zum eigenen Lebensstil passe. »Wenn die Katze einmal an draußen gewöhnt ist, kann es passieren, dass sie es einfordert. Katzen können sonst richtig depressiv werden«, so Rüdiger.
Mit Katzen an der Leine spazieren zu gehen, wird von vielen Menschen ohne Katze mit Stirnrunzeln bedacht. Einige sprechen sogar von Tierquälerei. Doch so einfach sei das nicht, sagt die aus dem Fernsehen bekannte Katzenexpertin Birga Dexel. »Grundsätzlich ist Leinengang gut, vor allem für Katzen, die sonst keine Möglichkeit haben, Frischluft zu bekommen«, sagt sie. Dennoch ist sie oft erschreckt, welche Ausmaße der Leinengang bei manchen Katzenbesitzern annimmt. Wie Julia Rüdiger verweist auch Dexel auf den Charakter der Katze. »Außerdem muss der Halter jederzeit dafür sorgen, dass die Katze draußen sicher ist«, mahnt die Expertin. So sollte sich das Tier nicht losreißen können und man sollte mit der Katze nur an Orte gehen, an denen sie sicher ist. Während ein Park mit frei laufenden Hunden also auf keinen Fall der richtige Ort für einen Spaziergang mit Katze ist, kann ein Schrebergarten eine tolle Gelegenheit für den Stubentiger sein, rauszukommen. Unbedingt wichtig sei aber, dass der Leinengang der Katze langsam und mit viel Geduld mit dem Clickertraining beigebracht wird, so Dexel. Auch Julia Rüdiger hat das so gemacht.
Ist die Katze dem Charakter nach also mutig und aktiv, gilt es, Geschirr und Leine zu besorgen. »Die Last des Geschirrs darf nicht auf den Hals drücken«, sagt Petfluencerin Julia Rüdiger. Sie verwende günstige Geschirre mit H-Form. »Es hat zwei Ringe für den Bauch und Hals, die mit einem Steg verbunden sind«, erklärt sie. Welche Art des Geschirrs die eigene Katze aber mag, müsse man austesten. Dazu muss sich das Haustier zuerst an Halsband und Leine gewöhnen. »Die Katze sollte eine positive Verknüpfung mit dem Geschirr herstellen. Wir haben das daheim geübt« sagt Rüdiger. Die Katzen ließen sich vom noch ungewohnten Geschirr mit dem Lieblingsfressen oder dem Lieblingsspielzeug ablenken. Auch das Tragen der Leine muss geübt werden, damit die Katze sich etwa daran gewöhnt, dass sie nicht überall darunter kriechen kann. Doch mit Leine und Geschirr ist es noch nicht getan. Rüdiger hat auch einen Katzenrucksack. »Das ist der sichere Hafen für Nala und Malou. Dorthin können sie sich zurückziehen, wenn sie Angst bekommen oder wenn es ihnen zu viel wird«, sagt sie.
»Die Katze gibt das Tempo vor«
Ist das alles geschafft, steht einem ersten Ausflug nach draußen nichts im Weg. Aber auch da sollte der Katzenhalter nicht gleich zu viel erwarten. »Das ist erst mal ungewohnt, für die Katze: neue Gerüche, neue Geräusche, das Gefühl von frischer Luft und Wind«, zählt Rüdiger auf. Ein kleiner Ausflug auf die nächste Wiese sei da schon genug. Und wenn sich die Katze erst mal überhaupt nicht aus dem Rucksack traue, sei das auch in Ordnung. Am allerwichtigsten ist sowieso das Tierwohl, meint Rüdiger. »Die Katze gibt das Tempo vor.« Als Katzenhalter bestimme man nicht wie bei einem Hund. Die Katze bleibt beim Spazierengehen auch mal stehen, schnuppert oder verweilt nur an einer Stelle. »Man kann lediglich ein bisschen die Richtung vorgeben«, sagt Rüdiger und lacht. Wege und Plätze mit vielen Menschen und viel Verkehr seien zudem eher ungünstig für den Ausflug mit Katze an der Leine. Besser seien ruhige Orte in der freien Natur.

Julia Rüdiger geht inzwischen mit ihren Katzen auch auf Reisen. »Ich stimme mein Reiseziel auf die Katzen ab. Zum Aktivurlaub oder auf Städtereise nehme ich sie nicht mit«, sagt Rüdiger. Als Dauercamperin auf dem Campingplatz funktioniere der Katzenurlaub aber sehr gut. Und auch in einer Ferienwohnung sei ein entspannter Urlaub mit Tier möglich. Zuletzt war das Dreierteam in einem Ferienhaus in Dänemark an der Nordseeküste. »Malou liebte es auf dem Strandkorb zu chillen und wenn der Wind durch ihr Fell streicht«, schwärmt sie. Damit es bei Reisen keine unliebsamen Überraschungen gibt, sind ihre Tiere gechippt, registriert und haben einen EU-Heimtierausweis. Auch beim Einpacken muss auf Vieles geachtet werden: »Mein Smart war bis oben voll mit Sachen für die Katzen«, erzählt sie und lacht. So müsse man nicht nur Verpflegung für die Tiere einpacken, sondern auch Katzenklos, eine Kratzmöglichkeit, Spielzeug und alles, was die Katze so braucht, damit ihr Alltag möglichst gleich abläuft wie zu Hause.
Doch um tolle gemeinsame Erlebnisse mit dem Haustier zu verbringen, muss es gar nicht weit weg gehen. »Oft liegt das Glück direkt vor der Haustür«, sagt Rüdiger. Sie geht täglich mit ihren Katzen raus - zumindest in den Garten. Etwa dreimal die Woche machen sie längere Spaziergänge. »Das Wetter ist dabei ziemlich egal, es sollte nur nicht in Strömen regnen«, meint Rüdiger. Und so ist es kein Wunder, dass das Gespräch jetzt von Nala unterbrochen wird, die im Hintergrund lautstark einen Spaziergang einfordert. »Ja, wir gehen gleich raus«, ruft Rüdiger und muss dann schnell auflegen, bevor ihre beiden Katzen zu ungeduldig werden. (GEA)