Er stalkte seine Ex-Partnerin, sie hatte laut Zeugen Todesangst. Dann brachte er nicht nur sie, sondern noch zwei weitere Menschen um. An diesem Montag (4. April) will das Kieler Schwurgericht das Urteil über einen 48-jährigen Zahnarzt sprechen.
Er schrieb aus der Untersuchungshaft an eine Freundin: »Mit dieser Schuld leben zu müssen, ein Mörder zu sein, ist die schlimmste Strafe.« In dem Prozess wird ihm ein Dreifachmord - an seiner Ehefrau und zwei Männern - vorgeworfen. Nun droht dem vierfachen Vater, dass er womöglich nicht mehr aus dem Gefängnis freikommt.
Verteidiger plädieren auf Totschlag
Wegen dreier Morde aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen forderten Staatsanwaltschaft und Nebenkläger in ihren nicht-öffentlichen Plädoyers die Höchststrafe: lebenslange Haft und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Folgt das Gericht unter dem Vorsitzenden Richter Jörg Brommann den Anträgen, wäre eine sonst mögliche Freilassung auf Bewährung nach 15 Jahren Haft selbst bei guter Täterprognose nahezu ausgeschlossen.
Auch die Verteidiger bezweifeln nicht, dass der 48-jährige Deutsche seine Ehefrau, deren neuen Bekannten und einen weiteren Mann erschoss. Ihr Mandant hat das auch im Gerichtssaal gestanden. Aber sie plädieren auf Totschlag, gehen von nicht geplanten Taten und verminderter Schuldfähigkeit aus - im Gegensatz zu den Anklägern, den Nebenklägern und dem psychiatrischen Gutachter. Bei einer Verurteilung wegen Totschlags wäre die Strafe nach 15 Jahren abgegolten.
Vergeblich forderte die Verteidigung ein zweites Gutachten und die Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit. Aber die Kammer hat keine Zweifel an dessen Expertise. Der psychiatrische Facharzt attestiert volle Schuldfähigkeit und schließt Affekttaten aus. Er nimmt Bezug darauf, dass die drei Opfer an zwei Tatorten innerhalb von nur etwa einer halben Stunde getötet wurden. Er erwähnt auch, dass der Mann im Internet nach Begriffen wie »lebenslang«, »Mörder« und »Schuld« sucht. Ob dies aber auf eine Tatplanung hindeute, müssten Juristen bewerten.
48 Schüsse aus der Maschinenpistole
Das gilt auch für die Einordnung von Bildern aus Überwachungskameras im Praxishaus des Angeklagten. Sie zeigen, wie der angeklagte Zahnarzt aus Westensee (Kreis Rendsburg-Eckernförde) wenige Tage vor der Tat mit zwei Waffen, Magazinen und Schalldämpfern hantiert.
Fast 50 Schuss aus einer Maschinenpistole soll der Angeklagte dann am Vormittag des 19. Mai 2021 auf seine Frau abgefeuert haben, als sie gerade ihren neuen Bekannten im Eingang einer Doppelhaushälfte im idyllischen Dänischenhagen (Kreis Rendsburg-Eckernförde) begrüßt. 48 Schüsse registrieren die Rechtsmediziner bei ihr - schon die ersten sollen tödlich gewesen sein. Viele durchschlagen ihren Körper und treffen den zehn Jahre älteren neuen Bekannten. Beide Opfer verbluten noch am Tatort. Tatmotiv, so die Anklage: Der Zahnarzt will die Frau für die Trennung und den neuen Partner für die Beziehung zu ihr bestrafen.
Am Abend der Polizei gestellt
Das dritte Opfer, ein gemeinsamer Bekannter des Ehepaares, macht der 48-Jährige laut Anklage für das Scheitern seiner Ehe verantwortlich. Ihn erschießt er nur eine halbe Stunde später in Kiel mit fünf Schüssen ins Gesicht. Auch der 52-Jährige verblutet am Tatort. Der mutmaßliche Dreifachmörder stellt sich dann abends in Hamburg der Polizei. Die halbautomatische Tatwaffe hat er bei sich.
Die vier minderjährigen Kinder des Angeklagten haben ihre Mutter verloren - und gewissermaßen nun auch ihn als Vater. Auch die beiden anderen Opfer waren Väter. Auch sie hinterlassen traumatisierte Angehörige.
Dabei haben sich die Taten nach Aussagen vieler Zeugen angedeutet. »Es lag in der Luft«, sagt eine Freundin der getöteten Ehefrau als Zeugin. Eine andere berichtet: »Sie sagte, er tötet sie.« Demnach hatte die 43-Jährige Todesangst, nachdem sie sich nach seinen Seitensprüngen und einer schweren Gewaltattacke endgültig von ihm getrennt hatte.
Eine Gewaltschutzanordnung ignoriert er, stalkt sie, platziert einen GPS-Sender an ihrem Auto und spioniert den späteren Tatort aus. Dann haben die Opfer keine Chance mehr.
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