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Umweltzonen im Südwesten werden verschärft

STUTTGART. Die rote Umweltplakette hat ausgedient. In allen Umweltzonen Baden-Württembergs ist mit dem Jahreswechsel der rote Aufkleber tabu. Wer nach Stuttgart reinfahren möchte, braucht sogar einen grünen Sticker an der Windschutzscheibe. Im Südwesten gibt es dann 22 Umweltzonen, darunter neue in Heidenheim, Schramberg (Kreis Rottweil) und Urbach (Rems-Murr-Kreis) sowie im Verbund Pleidelsheim-Ingersheim-Freiberg (Kreis Ludwigsburg). Die Feinstaubwerte wurden 2011 vielerorts häufiger überschritten als zulässig.

Foto: dpa
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Große Städte wie Karlsruhe, Freiburg, Mannheim und Stuttgart stellen sich schon länger auf die nächste Stufe ein. Neben dem Austausch von Schildern sind zum Teil auch weitere Vorkehrungen nötig, wie der Sprecher der Stadt Stuttgart, Sven Matis, erklärt: »Wir rechnen mit mehreren zehntausend Anträgen für Ausnahmegenehmigungen.« Um diese zu bearbeiten, habe die Stadt fünf neue Mitarbeiter eingestellt.

Die nächste Stufe des Fahrverbots in der Landeshauptstadt trifft gut 12 500 Fahrzeuge. Rund 8000 wurden den Angaben zufolge bereits nachgerüstet. Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU) macht deutlich: »Niemand sollte darauf spekulieren, eine Ausnahme zu erhalten.« Diese könne bei Fahrten mit lebensnotwendigen Gütern oder Dienstleistungen gemacht werden, etwa bei Apothekenlieferungen.

In der Landeshauptstadt ist die Feinstaub-Belastung besonders hoch. 89-mal wurde der Feinstaubwert am Neckartor in diesem Jahr bereits überschritten, weit häufiger als an jeder anderen Messstation im Land. Zulässig sind höchstens 35 Überschreitungen. Der Stickoxid-Wert an der Hohenheimer Straße war in 269 Fällen zu hoch - ebenfalls ein Negativrekord.

»Die Umweltzonen wirken, entgegen anderslautenden Behauptungen«, betonte Verkehrsstaatssekretärin Gisela Splett (Grüne) am Donnerstag in Stuttgart. Bis 2010 seien allein in Stuttgart 30 Tonnen Feinstaub vermieden worden; auch die Rußpartikelbelastung sei gesunken. Dennoch könnten die Grenzwerte an vielbefahrenen Straßen mit enger Bebauung oft nicht eingehalten werden - weitere Schritte seien notwendig. Von 2013 an dürften in allen Umweltzonen des Landes nur noch Autos mit grüner Plakette fahren, machte Splett deutlich. Sie appellierte an die Städte und Gemeinden, die Maßnahmen zur Luftreinhaltung konsequent umzusetzen.

Wer mit falscher Plakette in die Umweltzonen fährt, riskiert 40 Euro und einen Punkt in Flensburg. Kritik gibt es nach wie vor an zu geringen Kontrollen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) moniert etwa, dass parkende Autos im Südwesten mit Verweis auf eine Lücke in der Straßenverkehrsordnung (StVO) nicht überprüft werden. »In Baden-Württemberg ist es flächendeckend schlecht«, sagte die DUH-Expertin Barbara Göppel. Berlin und Hannover machten vor, dass Verstöße durchaus auch bei geparkten Fahrzeugen geahndet werden könnten. Die StVO soll nach Ministeriumsangaben in absehbarer Zeit geändert werden.

Einigen Umwelt- und Verkehrsverbänden gehen auch die neuen Regelungen nicht weit genug. Die Umweltzonen müssten deutlich vergrößert werden, sagen etwa BUND, Nabu und VCD. Sie fordern zudem landesweit Tempo 40 auf Hauptverkehrsstraßen innerorts, 80 außerorts und 120 auf Autobahnen. Die Politik müsse darauf bauen, Verkehr zu vermeiden, statt mit Straßenneubauten immer mehr Autos in die Städte zu locken.

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Ulm bezweifelt dagegen den Sinn der Umweltzonen generell. Es sei »noch immer keine signifikante Verbesserung der Luftsituation durch Umweltzonen nachgewiesen«, bemängelte deren Hauptgeschäftsführer Otto Sälzle. Entscheidend sei vielmehr die Wetterlage, wie das Fraunhofer Institut belegt habe. Die neue Verschärfung könne für Autobesitzer, darunter auch kleinere Händler und Lieferanten, »eine erhebliche Belastung darstellen«.

Markgröningen (Kreis Ludwigsburg) ist die einzige Stadt, die ihre Vorgaben 2012 nicht verschärft. Hier hat die rote Plakette bereits seit Sommer 2011 ausgedient. (dpa)