Logo
Aktuell Panorama

Umweltaktivisten: Plastikvermeidung statt Aufräumaktionen

In Plastik verhedderte Meerestiere gehören zu den drastischsten Bildern der Verschmutzung der Weltmeere. Zwar gibt es immer mehr Technologien zur Beseitigung des Mülls - darauf dürfe man sich aber nicht verlassen.

Plastikmüll im Meer
Eine weggeworfene Plastikflasche treibt im Roten Meer vor Ägypten. Foto: Andrey Nekrasov/DPA
Eine weggeworfene Plastikflasche treibt im Roten Meer vor Ägypten.
Foto: Andrey Nekrasov/DPA

Im Kampf gegen die Plastikverschmutzung im Meer fordern Umweltaktivisten einen stärkeren Fokus auf Vermeidung statt auf Beseitigung des Mülls.

Reinigungstechnologien könnten teuer sein, unbeabsichtigte Konsequenzen für die Umwelt haben und zudem von echten Lösungen ablenken, warnen die Nichtregierungsorganisationen OceanCare und Environmental Investigation Agency in einem Bericht. Am 13. November beginnt in Kenia die dritte Verhandlungsrunde der Vereinten Nationen für ein verbindliches internationales Abkommen gegen Plastikverschmutzung.

Für den Bericht werteten die Autoren Studien und Recherchen über den Einsatz von Aufräumtechnologien aus. Im vergangenen Jahrzehnt seien zahlreiche Geräte und Technologien zur Bergung von Plastik aus Meeren und Flüssen entwickelt worden. Eine Studie von 2020 identifizierte demnach 38 Technologien, die teils bereits eingesetzt würden, teils noch im Entwicklungsstatus seien.

Einsatz von Aufräumtechnologien auch risikobehaftet

So gut die Ideen klingen, so sehr berge ihr Einsatz auch Risiken: So sammelten sich Plastikmüll und Lebewesen im Meer vielfach an denselben Orten. Sowohl auf der Hochsee als auch in Küstengebieten sei nach Studien ein Risiko für Ökosysteme etwa durch Beifang von Meerestieren und anderen Lebewesen dokumentiert. Zu bedenken sei auch, dass beispielsweise der Einsatz der Aufräumschiffe im größeren Umfang durch den Ausstoß von Treibhausgasen negative Auswirkungen auf das Klima habe. Die Menge an eingesammeltem Müll bleibe dagegen verglichen mit der Menge der Plastikproduktion überschaubar.

»Diese Clean-Up-Projekte scheinen für die Öffentlichkeit und für Entscheidungsträger sehr verlockend zu sein. Wäre eine so einfache Lösung nicht großartig? Einfach mit einer Art Staubsauger durch die Meere zu fahren und sonst «business as usual» zu betreiben? In der Realität sind solche Technologien aber ineffizient, teuer, nur eine Scheinlösung und überdies eine Gefahr für die marine Tierwelt«, gab der Experte Ewoud Lauwerier von OceanCare zu bedenken.

Plastikverschmutzung grundsätzlich vermeiden

Die Autoren fordern, Aufräumtechnologien nur in Fällen von extrem verschmutzten Ökosystemen in Betracht zu ziehen. Bei ihrem Einsatz müsse kontinuierlich überwacht werden, dass er zu keinen neuen Umweltzerstörungen führe. Schwerpunkt der Verhandlungen über das Plastikabkommen müsse sein, Plastikverschmutzung grundsätzlich zu vermeiden und lokale Lösungen zu unterstützen. »Die Maßnahmen zur Sanierung müssen mit verbindlichen Bestimmungen zur Reduzierung der Gesamtproduktion und des Verbrauchs von Kunststoffen sowie mit globalen Designkriterien zur Förderung eines sicheren und nachhaltigen Designs von Kunststoffprodukten gekoppelt werden«, heißt es in dem Bericht.

Wissenschaftler schätzen, dass global etwa zwischen 4,8 und 12,7 Millionen Tonnen Plastikmüll pro Jahr in den Meeren landen. Das entspricht ungefähr einer LKW-Ladung pro Minute. Die Vereinten Nationen wollen bis 2024 eine Konvention erarbeiten, in der verbindliche Regeln und Maßnahmen festgelegt werden, die den gesamten Lebenszyklus von Plastik betreffen. Der UN-Wunsch ist es, die Umweltverschmutzung durch Plastikabfälle bis 2040 massiv einzudämmen.

© dpa-infocom, dpa:231106-99-836285/2