Von den Autos blieben nur verkohlte Wracks übrig: Fünf 19-Jährige und zwei Erwachsene sind bei einem Autounfall nahe des thüringischen Bad Langensalzas im vergangenen Jahr ums Leben gekommen. Das Geschehen schockierte bundesweit. »Es wird sehr emotional werden«, sagte der Vorsitzende Richter Rüdiger Richel zu Beginn der Verhandlung um den Unfall am Mittwoch am Amtsgericht Mühlhausen. Er sollte Recht behalten.
Angeklagter räumt Vorwürfe ein
Der Angeklagte, ein 35 Jahre alter Mann aus der Region mit Alkoholproblem, gestand direkt nach der Anklageverlesung. Sein Mandant räume die vorgebrachten Vorwürfe vollumfänglich ein, erklärte der Verteidiger des Mannes unter Zustimmung dessen. Gleichzeitig hieß es in der Erklärung, dass sich der Angeklagte selbst nicht mehr an den Unfalltag erinnern könne. Er habe aber den Tag anhand der Aktenunterlagen nachvollziehen können, so der Verteidiger. Der Tag sei wie aus seinem Leben gelöscht, sagte der Angeklagte selbst später vor dem Schöffengericht.
Angeklagt ist der 35-Jährige unter anderem wegen fahrlässiger Tötung in sieben Fällen, fahrlässiger Körperverletzung und Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Laut Staatsanwaltschaft fuhr er am Unfalltag Anfang April 2023 mit zwei Bekannten auf einer Ortsumgehung von Bad Langensalza und geriet mit einem Auto in den Gegenverkehr.
Dort stieß er mit dem Auto der Jugendlichen zusammen. Auch ein Auto, das hinter dem Wagen der jungen Leute fuhr, wurde schwer beschädigt: Es ging nach der Kollision wie auch das Auto der Jugendlichen in Flammen auf. Ein durch den Unfall beschädigter Benzintank könnte zu dem schnellen Brand geführt haben, sagte ein Gutachter vor Gericht.
Die Jugendlichen überlebten den Zusammenstoß nicht. Auch der 60 Jahre alte Fahrer im nachfolgenden Auto starb, seine damals 73 Jahre alte Beifahrerin konnte sich aus dem brennenden Fahrzeug retten. Zudem verlor auch ein 44 Jahre alter Mitfahrer des Angeklagten sein Leben. Der damals 45 Jahre alte Beifahrer wurde schwer verletzt. Der Angeklagte selbst schwebte einige Zeit in Lebensgefahr.
Angeklagter war betrunken, fuhr zu schnell und ohne Führerschein
Der 35-Jährige war laut Staatsanwaltschaft zum Unfallzeitpunkt schneller als erlaubt unterwegs und hatte keinen Führerschein. Und: Mit einem von der Rechtsmedizin rekonstruierten Blutalkoholwert von mindestens 1,3 Promille sei er absolut fahruntüchtig gewesen. Der Unfall wäre nach Darstellung eines Sachverständigen vor Gericht vermeidbar gewesen, wenn der Angeklagte langsamer gefahren wäre. Die Fahrerlaubnis hatte der Mann 2018 verloren. Diese sei ihm entzogen worden, weil er betrunken Fahrrad gefahren sei, sagte der Angeklagte vor Gericht.
Emotionale Verhandlung
Mit Fotos der Kinder, die sie verloren haben, kamen einige der Angehörigen als Nebenkläger zur Verhandlung. Sie stellten die Bilder, die hoffnungsfrohe und junge Gesichter zeigten, so, dass auch der Angeklagte sie sehen konnte.
Spätestens, als eine Zeugin mit zittriger Stimme und unter Tränen den Unfallablauf aus ihrer Erinnerung schilderte, war lautes Schluchzen im Verhandlungssaal zu hören. Zuschauer und vor allem einige der Angehörigen der Opfer rangen um Fassung. Die Zeugin berichtete, wie sie für die jungen Leute nichts mehr tun konnte: »Ich wollte helfen, aber ich konnte es nicht, ich konnte es einfach nicht.« Die Zeugin war als Beifahrerin mit ihrem jetzigen Ehemann und ihren Kindern in dem Wagen hinter dem letzten Unfallauto unterwegs. Nicht nur sie, sondern auch ihre Kinder seien nach dem Geschehen in psychischer Behandlung, so die Frau.
Plädoyers und ein Urteil könnten am Freitag erfolgen. Eine Freiheitsstrafe höher als vier Jahre kann das Amtsgericht nicht verhängen.
Große Anteilnahme
Weit über Thüringen hinaus hatte der Unfall schockiert und zu Anteilnahme geführt. In sozialen Netzwerken wurde viel und harsch darüber diskutiert. Forderungen nach schärferen Regeln für Alkohol am Steuer wurden laut. Wie groß die Trauer und Anteilnahme in der betroffenen Region war, zeigte sich unter anderem bei einer ökumenischen Gedenkandacht. Hunderte Menschen zündeten dabei Kerzen an und legten Kränze nieder.
Das Mühlhäuser Gymnasium, das einige der jungen Opfer besucht hatten, pflanzte gemeinsam mit der Stadt eine Trauerweide zur Erinnerung an die Toten nahe der Schule. Eine Spendenaktion zur Unterstützung der Angehörigen der jungen Opfer wurde gestartet. Auf der dazugehörigen Website sind Hunderte Beileidsbekundungen zu lesen.
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