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Tattoo-Entfernung bald ein echter Luxus?

Der Name vom Ex muss weg oder das Arschgeweih ist peinlich: Es gibt viele Gründe, ein Tattoo entfernen zu lassen. Die Prozedur ist schon jetzt teuer und langwierig. Doch das Entfernen könnte bald zum echten Luxus werden.

Tattoo-Entfernung bald nur noch beim Arzt
Petra Lichtblau entfernt per Laser ein Tattoo. Foto: Carsten Koall
Petra Lichtblau entfernt per Laser ein Tattoo. Foto: Carsten Koall

BERLIN. Tattoos zieren den ganzen Körper der Erzieherin Vanessa Stark aus Berlin. Doch zwei missglückte Exemplare müssen verschwinden. Seit Wochen besucht die 24-Jährige deshalb nun schon ein Laserstudio.

»Das ist ziemlich ärgerlich und nicht billig«, sagt sie. Allein die Entfernung eines Mandalas auf der Hand kostet rund 1300 Euro - etwa das Zehnfache des Tattoo-Preises. Wie ihr geht es vielen anderen Tätowierten in Deutschland. Und es könnte künftig noch teurer werden.

Tattoo-Entfernung per Laser - das darf momentan noch jeder, der ein Gerät und einen Gewerbeschein hat und einen Laserschutzkurs absolviert hat. Doch laut einer neuen Verordnung zum Strahlenschutz dürfen ab Ende 2020 nur noch Ärzte die Dienstleistung anbieten. Die Zukunft vieler Laser-Studios ist daher ungewiss: »Wir wissen noch nicht, wie es weitergeht«, sagt Markus Lühr, Gründer der Kette »Tattoolos«, die mit Heilpraktikern arbeitet. Ärzte darf die GmbH nicht anstellen. »Die Tattoo-Entfernung wird künftig viel teurer und es wird lange Wartezeiten geben. Ich hoffe, dass das Ganze nicht in eine Grauzone abdriftet und in Hinterzimmern praktiziert wird«, so Lühr.

Diese Befürchtung teilt die Gründerin von »Endlich ohne«, Andrea Goeman. »Unsere Kunden sind oftmals sehr belastet durch ihre Tattoos und haben demnächst keine Möglichkeit mehr, sie zu bezahlbaren Preisen legal professionell entfernen zu lassen. Ich hoffe, dass die Politik noch einlenkt«, so die Heilpraktikerin aus Hannover, die an bundesweit 19 Standorten mit Kosmetikerinnen und Krankenschwestern, aber auch beratenden Ärzten arbeitet. Die neue Regelung sei vernichtend für ihr Unternehmen. Goeman rechnet damit, dass Kunden zur Tattoo-Entfernung künftig auch ins Ausland gehen.

Der Karlsruher Hautarzt und Laser-Experte Christian Raulin hingegen betont: »Ein Arzt hat eine Ausbildung, medizinisches Verständnis und vielfach auch eine Ethik.« In fast der Hälfte der Fälle rate er Patienten von einer Tattoo-Entfernung ab. »Wenn ich sehe, dass die Farben ungünstig sind oder das Tattoo zu groß ist, lasse ich die Finger davon.« Tattoos, die einen halben Oberarm bedecken, sind aus seiner Sicht noch entfernbar. Den großflächig tätowierten Fußballern der 1. und 2. Bundesliga hingegen prophezeit er ein anderes Schicksal: »Die werden die Tattoos ihr ganzes Leben behalten müssen.«

»Die Neuregelung führt leider dazu, dass weniger Ärzte für ihren eigentlichen Job zur Verfügung stehen: sich um die Patienten zu kümmern«, sagt der CDU-Gesundheitspolitiker Alexander Krauß. »In den kommenden Jahren müssen wir uns wohl mit Strandbesuchen abfinden, bei denen wir verblichene Tattoos sehen werden, die wahrlich kein schöner Anblick sind. Denn vielen wird das Geld fehlen, diese Tätowierungen entfernen zu lassen.«

Bei einer Laserbehandlung werden die Farbstoffpartikel in kleine Teile zerschossen. Die Bruchstücke sollen vom Körper abtransportiert oder abgebaut werden. Mögliche Nebenwirkungen: Bei der Zerstörung mancher Pigmente können - so das Bundesamt für Strahlenschutz - giftige und krebserregende Verbindungen wie Blausäure oder Benzol entstehen. Das Amt warnt zudem vor Verbrennungen, Pigmentveränderungen, Entzündungen und Narbenbildung, wenn der Laser nicht richtig eingesetzt wird.

»Wenn im Tattoo ein suspektes Muttermal ist, kann sich nach einer Laserbehandlung nahezu unbemerkt ein Hautkrebs entwickeln«, ergänzt der Mediziner Raulin. Außerdem sei es möglich, dass allergische Stoffe aus dem Tattoo sich im ganzen Körper verteilen: »Dann juckt es plötzlich überall.«

Das Lasern ist Raulin zufolge die einzige Option. Darüber hinaus werden unliebsame Bilder aber auch abgeschliffen oder abgefeilt, mit Säure weggeätzt oder mit flüssigem Stickstoff per Kältetherapie behandelt. Wegen ästhetisch inakzeptabler Narben, Pigmentstörungen und sonstiger dauerhafter Nebenwirkungen seien diese Verfahren aber strikt abzulehnen.

Im Idealfall lasse sich eine Profitätowierung nach bis zu 20 oder mehr Sitzungen entfernen. Doch die klinische Erfahrung zeige, dass etwa bei einem Drittel der Patienten auch nach sehr vielen Sitzungen keine vollständige Entfernung gelinge. Vor allem bunte und mehrfarbige Tattoos und solche, die viel Farbpigmente enthalten, seien schwierig zu entfernen, so der Arzt, der häufig erlebt, dass Tätowierer eben nicht die erhofften Picassos oder Dürer sind. »Da wird aus einer Eule schnell mal eine Ente und aus einem Hai ein Kabeljau.«

Oft seien aber auch die Motive nicht mehr gewollt - etwa Arschgeweihe oder der Name des Ex-Partners. »Und manchmal muss auch einfach Platz für Neues her«, ergänzt der »Tattoolos«-Gründer Lühr.

»Die Linien sind viel zu dick«, kritisiert Vanessa Stark das Mandala auf ihrer Hand. Noch ärgerlicher sei aber ein Tattoo auf ihrem Oberschenkel. »Hier wurde viel zu tief gestochen, es haben sich Narben gebildet«, so die Neuköllnerin, die auch modelt.

Über die Zahl der Tätowierten gibt es nur Schätzungen. Laut einer 2017 veröffentlichten Studie der Uni Leipzig sind es rund 16 Millionen Menschen. »Früher gehörten Tattoos und Piercings in die Schmuddelecke. Heute gelten Menschen mit Körpermodifikationen als aufgeweckte, interessierte Menschen, die sich zu einer sozialen Gruppe bekennen«, sagt der Studienautor Elmar Brähler. Laut CDU-Politiker Krauß ist aber etwa jeder Zehnte mit seinem Tattoo unzufrieden. 1,2 Millionen Patienten nähmen jedes Jahr eine Laserbehandlung zur Tattoo-Entfernung in Anspruch.

»Wenige machen sich richtig viele Gedanken, bevor sie sich tätowieren lassen«, sagt Lühr. Außerdem habe sich herumgesprochen, dass man sie wieder entfernen lassen könne. Doch der Karlsruher Arzt Raulin warnt vor allzu großer Leichtfertigkeit: »Tattoos sind keine Abziehbilder, sondern etwas fürs Leben.« Er gibt dem Trend keine große Zukunft mehr: »Nach zehn Jahren ist das wieder vorbei.« (dpa)