Sankt Leon-Rot ist ein kleiner Ort, wohl einer von denen, in denen es sich ganz gut leben lässt, aber die kaum einer kennt. Rund 14 000 Einwohner, ein Golfclub, ein See, es gibt drei Fußballvereine und ein großes Straßenfest. Am Donnerstag rauscht der Name der Gemeinde nahe Heidelberg auf tragische Weise bundesweit durch die Schlagzeilen.
Überall blinkt Blaulicht in dem Örtchen. Die Feuerwehr ist da, Rettungskräfte, die Polizei. Beamte sperren die Straßen ab, Einsatzleiter rufen nervös durch die Gegend. Verunsicherte Bürger versammeln sich vor dem Rathaus. Sirenengeheul. Vermummte, schwer bewaffnete Einsatzkräfte begeben sich durch die Glasfront in das Löwenrot-Gymnasium.
Mit Messer niedergestochen
Eine Gewalttat in dem modernen Schulgebäude erschüttert die kleine Gemeinde. Um 10.19 Uhr geht ein Notruf bei der Polizei ein. Zunächst ist die Rede von einer Frau, die in dem örtlichen Gymnasium schwer verletzt wurde. Bald ist klar: Es handelt sich um eine 18-jährige Schülerin. Und es wird bekannt, dass sie den Angriff nicht überlebt hat. Reanimationsversuche noch am Tatort scheitern. Sie wurde niedergestochen mit einem Messer.
Wer für ihren Tod verantwortlich ist, bleibt zunächst unklar. Doch schon früh sprechen die Einsatzkräfte davon, dass es sich wohl um eine Beziehungstat handelt. Der Verdächtige ist auf der Flucht. Ein Polizeihubschrauber fliegt über den Ort, fahndet nach ihm. Zwar gehen die Beamten nicht von einer Gefahr für die Bevölkerung aus, aber ein Sprecher räumt ein: »Ich kann nicht in den Kopf der Person reinschauen, vieles ist möglich.«
Täter flieht mit Auto
Der Täter ist indes bereits weit weg. Er flieht mit dem Auto. Erst in Seesen in Niedersachsen, rund 312 Kilometer Luftlinie vom Tatort, wird er schließlich festgenommen - nachdem er einen Unfall baut und dabei verletzt wird. Die Staatsanwaltschaft will am Freitag beim Amtsgericht in Heidelberg einen Haftbefehl gegen ihn beantragen.
Es handelt sich um einen 18-jährigen Schüler. Er ist bei der Polizei offenbar kein Unbekannter. Bereits im November 2023 habe die Schülerin Strafanzeige gegen ihn wegen körperlicher Gewalt gestellt, teilten Staatsanwaltschaft und Polizei mit. Abgesehen davon sei der Verdächtige strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten.
Motiv noch unbekannt
Aus welchen konkreten Gründen der junge Mann die Schülerin tötete, das bleibt weiter offen. Die Polizei nennt keine Einzelheiten. Das betroffene Gymnasium wurde 1998 als Privatgymnasium Leimen mit einer Elterninitiative gegründet. Derzeit werden nach Angaben der Schule dort 685 Schüler von 85 Lehrkräften unterrichtet. »Besucher melden sich bitte immer im Sekretariat an«, steht auf einem großen Schild vor dem Gebäude. Die Homepage der Schule zeigt am Donnerstag eine Fehlermeldung an.
Rund 650 Schüler werden am Vormittag evakuiert und an eine Sammelstelle gebracht, laut Polizei in eine Sporthalle. Eltern holen sie nach und nach ab. Nach der Festnahme kehrt wieder etwas mehr Ruhe ein in St. Leon-Rot. Im Obergeschoss der Schule sind Kriminaltechniker der Polizei unterwegs.
Die Tat erinnert an eine andere Gewalttat im vergangenen November in Offenburg. Damals hatte ein 15 Jahre alter Schüler einen Gleichaltrigen in einer sonderpädagogischen Schule erschossen. Der Angriff des Deutschen hatte sich nach Polizeiangaben in der 9. Klasse des Tatverdächtigen abgespielt. Der 15-jährige Schüler war demnach in sein Klassenzimmer gekommen und hatte seinem Mitschüler mit einer Handfeuerwaffe in den Hinterkopf geschossen.
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