Kaum irgendwo geht es so international zu wie in der Raumfahrt. Bei Projekten im All - sei es auf der ISS oder bei einer geplanten Reise zum Mond - arbeiten Menschen aus verschiedenen Ländern zusammen, meist ohne größere Probleme und Reibereien.
Doch was passiert, wenn es doch zur Straftat kommt? Nach dem Recht wessen Staates würde sie behandelt? Kanada will das nun für sich regeln.
Für künftige Reisen zum Mond will das nordamerikanische Land in Bezug auf seine Astronauten das eigene Strafrecht anwenden können. Es soll künftig unter anderem auf der Oberfläche des Erdtrabanten gelten. Ein Entwurf zur Anpassung des Strafgesetzes passierte in dieser Sitzungswoche das Unterhaus des kanadischen Parlaments in Ottawa, wie kanadische Medien berichteten.
Im All wie auf der Erde
Laut den geänderten Passagen, die etwa die Rundfunkanstalt CBC veröffentlichte, werden Verbrechen etwa von kanadischen Astronauten während Weltraumfahrten behandelt, als wären sie auf kanadischem Boden begangen worden. Das gilt laut der Gesetzesanpassung dann explizit auch auf der geplanten Raumstation »Lunar Gateway« und dem Mond selbst.
»Der Vorstoß von Kanada zielt nun darauf ab, dass auf dem Mond kanadisches Recht gelten soll, wenn Opfer oder Täter Kanadier sind oder wenn es einen Bezug zu einem Projekt gibt, an dem Kanada beteiligt ist«, sagte Stephan Hobe, Direktor des Instituts für Luftrecht, Weltraumrecht und Cyberrecht an der Universität Köln, der Deutschen Presse-Agentur. Seines Wissens sind die Kanadier die ersten, die ihr Strafrecht explizit auf den Mond ausweiten.
Internationaler Gemeinschaftsraum
Gab es also bislang gar keine Regelungen für Straftaten auf dem Mond? Hobe geht davon aus, dass die von den Kanadiern nun beschlossenen Regeln auch bislang schon gegriffen hätten. »Die wollten das jetzt aber noch mal klipp und klar festhalten.«
Der Mond sei ein sogenannter Internationaler Gemeinschaftsraum, so wie auch die Hohe See. »Auf dem Mond gelten bestimmte Grundregeln, die im UN-Weltraumrecht geregelt sind. Das Strafrecht kommt darin aber nicht vor. Aber jeder Astronaut nimmt vereinfacht gesagt sein nationales Recht mit in den Weltraum«, sagte Hobe.
Kanada bereitet mit der geplanten Gesetzesänderung seine Beteiligung am Nasa-geführten »Artemis«-Programm vor. Dabei ist die kanadische Raumfahrtbehörde CSA nicht nur mit der Entwicklung von Raumstations-Technik involviert, auch soll ein kanadischer Astronaut bei einem geplanten bemannten Flug zum Mond an Bord sein. Die Mission »Artemis II«, die nach derzeitigem Plan spätestens im Mai 2024 starten soll, soll zunächst den Mond umrunden. Bei der anschließenden Mission »Artemis III« sollen Astronauten auf dem Erdtrabanten landen.
Was gilt auf der ISS?
Und wie ist die rechtliche Situation auf der Raumstation ISS, auf der gerade der deutsche Astronaut Matthias Maurer seine vorerst letzten Tage im All verbringt? »Anders als für den Mond gibt es für die ISS festgeschriebene Regeln, beispielsweise für Straftaten«, sagt Hobe. Nach welchem Recht ein Vorfall verhandelt wird, hänge unter anderem davon ab, zu welchem Staat das Modul gehört, in dem der Tatort liegt. Aber auch die Staatsangehörigkeit von Opfer und Täter spielen eine Rolle. »Im Einzelfall müssen sich die betroffenen Staaten dann einigen.«
Kanadische Raumfahrt zum Artemis-Programm (engl.)
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