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So verschwenden Behörden Steuergelder

Das »Schwarzbuch« des Bunds der Steuerzahler prangert Beispiele für Steuerverschwendung an. Die Liste ist wieder lang - es gibt aber auch Kritik am Verband.

Foto: dpa
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BERLIN. Milliardenteure U-Boote, die nicht einsatzfähig sind, Kostenexplosionen bei Bauprojekten, kostspielige Fehlplanungen: Der Bund der Steuerzahler hat am die Verschwendung von Steuergeld kritisiert. Der Verband listet in seinem neuen »Schwarzbuch« insgesamt 109 Fälle auf. Bund, Länder und Kommunen seien zahlreich sorglos mit dem Geld der Bürger umgegangen.

Entlang der Berliner Platanenstraße im Bezirk Pankow sind beispielsweise viele Verkehrszeichen (Vorgeschriebene Vorbeifahrt links) aufgestellt. Auf einer Strecke von 700 Metern stehen insgesamt 44 Schilder. Die Maßnahme durch das Bezirksamt erhielt deshalb einen Eintrag im Schwarzbuch. Weitere Beispiele:

U-Boote der Bundeswehr

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Der Bund der Steuerzahler kritisiert, die sechs U-Boote der deutschen Marine hätten drei Milliarden Euro gekostet. Obwohl die Boote mit ihrem Brennstoffzellenantrieb zu den modernsten Einheiten der Nato gehören, stehe für Einsätze derzeit kein einziges zur Verfügung. Der Verband spricht von einer »desolaten Situation« und fordert: Werftaufenthalte müssten verkürzt und Ersatzteile schneller beschafft werden - damit die teuren U-Boote ihren Zweck erfüllten.

Das Verteidigungsministerium wies die Kritik in Teilen zurück. Zum 1. U-Bootgeschwader gehörten 750 Soldaten, 6 U-Boote, 3 Flottendienstboote und eine U-Boot-Unterstützungseinheit. Es seien aktuell zwei der Boote einsatzbereit - nach Definition der Militärs bereit für den »politischen Auftrag«. Dies könne auch der Fall sein, wenn beispielsweise ein Waffensystem nicht funktioniere, das Schiff aber einen Aufklärungsauftrag habe. Dass die Einsatzbereitschaft zuletzt schlecht war, wird im Ministerium eingeräumt. Falsch seien aber die Vorwürfe, dass ein U-Boot seit Indienststellung 2005 nur eine große Einsatzfahrt in 13 Jahren erlebt oder U 31 einen ununterbrochenen Werftaufenthalt von vier Jahren gehabt habe.

Beethovenhalle bleibt Baustelle

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Die 1959 gebaute Halle in Bonn sollte für knapp 60 Millionen Euro saniert werden. Zum 250. Geburtstag Ludwig van Beethovens 2020 sollte sie zentrale Spielstätte für Festivitäten sein, die im September 2019 beginnen sollen. In diesem November 2018 sollte alles fertig sein, so das Ziel. Doch daraus werde nichts, so die Kritik - die Bauarbeiten dauerten an und die Kosten lägen bereits bei 94 Millionen Euro. Die Stadt erklärte, man sei verpflichtet, das denkmalgeschützte Gebäude zu erhalten. Die Mehrkosten seien unvermeidlich gewesen. Nicht alle Unsicherheiten seien bei solchen Projekten einkalkulierbar. Durch die gute Baukonjunktur seien die wenigen eingegangenen Angebote von Bauunternehmen zudem höher als erwartet.

Der Bonner Oberbürgermeister Ashok Sridharan sagte: »Die entstandenen Mehrkosten sind für alle Beteiligten hochgradig ärgerlich.« Die Stadt werde bei künftigen Großprojekten darauf achten, dass genügend Zeit für die Vorbereitung eingeplant werde.

Toiletten-Abwasser fließt in Fluss

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Als »Hygiene-Desaster« bezeichnet der Steuerzahlerbund den Fall eines Toilettenhäuschen im hessischen Marburg. 2013 habe sich die Stadt an der Lahn eine öffentliche Toilette für 185 000 Euro geleistet. Durch einen Fehler aber sei das Abwasser Jahre lang in den Fluss geleitet worden, und nicht wie angenommen in die Kanalisation. Um den Fehler zu beheben, habe die Stadt noch einmal 25 000 Euro drauflegen müssen. Der Steuerzahlerbund urteilt: »Wenn Steuergeld ausgegeben wird, kann man eine voll funktionstüchtige Gegenleistung erwarten.«

Die Stadt Marburg räumte den Fehler an: Die Planunterlagen seien falsch gewesen. Ein Großteil der Kosten wäre bei einem korrekten Anschluss 2013 aber ohnehin angefallen, argumentierte die Stadt. Außerdem könne sich der Fluss selbst reinigen. »Bei den relativ geringen Abwassermengen sind keine Folgeschäden entstanden.«

Ungenutzter »Wolfskrankenwagen«

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»In der Region Hannover gibt es einen Krankenwagen für Wölfe, jedoch keine Patienten«, so der Bund der Steuerzahler - und kritisiert die Anschaffung eines 11 000 Euro teuren Spezialanhängers aus Aluminium. In dem mit Scheinwerfern, Signalleuchte und Heizdecke ausgestatteten Anhänger sollen angefahrene, verletzte Wölfe vom Unfallort in Sicherheit gebracht werden, um über das weitere Vorgehen in Ruhe zu entscheiden. Derzeit wartet der bundesweit einmalige Wagen laut Steuerzahlerbund aber noch auf seinen ersten Einsatz. Dabei kann er auch von den Nachbarkreisen Celle, Nienburg und Heidekreis angefordert werden, in denen bereits Wolfs-Rudel leben.

Regionssprecher Klaus Abelmann bestätigte, dass der Anhänger bisher nie gebraucht wurde, meinte aber: »Die Wahrscheinlichkeit steigt jede Woche, dass wir ihn einsetzen werden.« Die Anschaffung sei wie die eines Feuerwehrwagens - den man ja auch noch nicht braucht, wenn man ihn kauft.

Zebrastreifen am Kreisel

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Eine Fehlplanung kritisiert der Verband in Celle. An einem Kreisel habe sich immer wieder der Autoverkehr gestaut, wenn Fußgänger die Zebrastreifen nutzten. Also habe die Stadt die Zebrastreifen kurzerhand abgesperrt, am Ende mit stabilen Metallzäunen. Dies sei eine »bizarr anmutende Situation«, die Mehrkosten verursache und noch Jahre dauern könne.

Die Stadt selber dagegen sieht schon »Licht am Ende des Tunnels«: 2019 werde der letzte Bau-Abschnitt einer Ortsumgehung begonnen, wodurch sich die Situation ändere. »Dann werden die Zäune entfernt, die Zebrastreifen wieder aufgebracht«, sagte eine Sprecherin. Die Zäune würden dann woanders eingesetzt. »Wir rechnen derzeit mit einer Bauzeit von rund zwei Jahren.« (dpa)