Die gefeierte französische Schauspielerin Juliette Binoche hat in einem ausführlichen Gastbeitrag von ihren Erfahrungen mit Sexualisierung und Gewalt im Film erzählt. »Ich habe lernen müssen, Nein zu sagen«, schrieb die 60-Jährige (»Der englische Patient«, »Geliebte Köchin«) in der Samstagsausgabe der französischen Zeitung »Libération«.
In ihrer Anfangszeit als Schauspielerin habe sie sich bei Castings oft ausziehen müssen. Binoche schilderte auch übergriffige Berührungen etwa in einer Sexszene, meinte aber: »Meine Wut auf eine bestimmte Person richten? Wieso?«
In den 1980er und 1990er Jahren habe es im Film ein ungezügeltes Bedürfnis nach nackten Körpern gegeben, das sich fast ausschließlich auf Frauen beschränkte, schrieb Binoche. »Es gab nicht ein Drehbuch ohne Nacktszene. Jedes Mal war es schwierig.« Erst nach langer Zeit habe sie verstanden, dass sie ihrer Meinung nach unnötige Nacktszenen im Drehbuch hinterfragen könne. Die Oscar-Preisträgerin gab auch an, sexuelle Übergriffe auf Kolleginnen miterlebt zu haben. »Ich konnte meine Kameradinnen nicht immer beschützen.«
Gesten und Bemerkungen, die sie nicht vergessen werde
Binoche führte aus: »All diese Verletzungen rufen Wut und Empörung hervor. Aber keine Lust, aufzuhören.« Schläge unter die Gürtellinie, unangebrachte Gesten und sexistische Bemerkungen werde sie nicht vergessen. »Sie vergiften das Leben, aber sie bleiben nebensächlich.« Binoche, die von den Filmfestivals in Cannes, Berlin und Venedig zur besten Darstellerin gekrönt wurde, schrieb: »Die Lust, mich über das Schauspiel hinzugeben, bleibt stärker.«
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