Die Tat war aufsehenerregend - und die Verhandlung war es auch: Vor dem Landgericht München II geht der Prozess um einen Dreifachmord in Starnberg dem Ende entgegen. Für diesen Montag sind die Plädoyers der Verteidigung des Hauptangeklagten geplant. Am Nachmittag könnte dann - nach rund anderthalb Jahren - das Urteil in dem Prozess fallen, der sich zu einem Mammut-Verfahren entwickelt hat.
Rückblick: Am 12. Januar 2020 entdeckt eine Polizeistreife - nachdem eine Angehörige sich Sorgen gemacht hatte - in einer Villa in Starnberg die Leichen einer 60-Jährigen, ihres 64 Jahre alten Mannes sowie des gemeinsamen Sohnes. Die Eltern liegen im Schlafanzug in ihrem Schlafzimmer im ersten Stock des Einfamilienhauses, die Leiche des Sohnes liegt in seinem Zimmer, im Bett.
Es ging auch um viel Geld
Weil in seiner Hand eine Waffe gefunden wird, scheint den Ermittlern die Sache klar: Der Sohn, der eine Ausbildung zum Büchsenmacher absolviert und als Waffennarr gilt, hat seinen Eltern und dann sich selbst das Leben genommen. Rund zwei Wochen hält sich dieses angenommene Szenario - dann die Wende: Ein Freund des Sohnes gesteht den Mord an der Familie.
Dieser junge Deutsche steht nun seit August 2021 vor Gericht, angeklagt unter anderem wegen dreifachen Mordes. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es dem inzwischen 22-Jährigen und dem wegen einfachen Mordes als Mittäter angeklagten heute 21 Jahre alten Slowaken, der ihn zum Tatort fuhr, darum ging, an die illegalen Waffen des getöteten jungen Mannes zu kommen, um sie zu verkaufen. Für viel Geld.
Im Laufe des Prozesses hat der 22-Jährige - im Gegensatz zu seinem Mitangeklagten - die Tat gestanden und auch das Motiv weitgehend bestätigt. Er gab allerdings auch an, sein Freund, der Waffennarr, habe einen Amoklauf in einem Münchner Einkaufszentrum geplant, den er mit der Tat habe verhindern wollen.
Lange Haftstrafen möglich
Die Staatsanwaltschaft hat hohe Jugendstrafen für die beiden Angeklagten gefordert, die zur Tatzeit als Heranwachsende galten. Staatsanwältin Julia Wiesenbauer sprach sich in ihrem Plädoyer für jeweils 13 Jahre und sechs Monate Haft aus und den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung.
Die Forderung der Staatsanwaltschaft ist in zweifacher Hinsicht ungewöhnlich: Eigentlich gilt im Jugendstrafrecht auch bei Mord eine Höchststrafe von zehn Jahren. Werden Heranwachsende - also Menschen zwischen 18 und 21 Jahren - aber nach Jugendstrafrecht verurteilt, sind in seltenen Fällen bei Mord mit besonderer Schwere der Schuld aber bis zu 15 Jahren möglich.
Und zweitens fordert die Anklagebehörde die gleiche Strafe für den 22 Jahre alten Mann, der zugegeben hat, drei Menschen erschossen zu haben und den 21-Jährigen, der die Tat zwar mitgeplant haben soll, am Tatort aber gar nicht anwesend war. Laut Anklage fuhr er seinen Freund und Mitbewohner zum Tatort und holte ihn nach den mutmaßlichen Morden wieder dort ab.
Dass die geforderte Strafe für den als Mittäter angeklagten 21-Jährigen wegen eines Mordes genau so hoch ausfällt wie für den Hauptangeklagten wegen dreifachen Mordes begründet die Staatsanwaltschaft mit dem Geständnis des Älteren. Sein mutmaßlicher Komplize hat im Prozess geschwiegen, seine Anwälte die Taten für ihn abgestritten. Nur eine Beteiligung an einem Raubüberfall kurz nach den Morden wurde eingeräumt. Seine Verteidiger forderten in ihrem Plädoyer einen Freispruch vom Vorwurf des Mordes.
Video zeigt grausame Tat
Die drei Opfer hätten »auf grausame und demütigende Art und Weise sterben« müssen, seien »förmlich hingerichtet« worden, hieß es im Plädoyer der Staatsanwaltschaft.
Im Prozess waren Videos davon gezeigt worden, wie der geständige Hauptangeklagte die drei Menschen filmt, auf die er gerade geschossen hat. »Der atmet noch, hm«, sagt er darin über seinen Freund. »Na, dann lasse ich Euch mal weiter schlafen«, sagte er zynisch über die Leichen von dessen Eltern. »Eine noch größere Verhöhnung der Opfer ist kaum noch möglich«, sagte Staatsanwältin Wiesenbauer in ihrem Plädoyer.
Sie sprach von einer »geistigen und moralischen Verrohung der Angeklagten, wie sie nur selten anzutreffen ist« und sagt: »Ein Menschenleben war hier offensichtlich nichts wert.«
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