Nach dem Tod ihrer vierjährigen Tochter hat am Donnerstag vor dem Landgericht Verden (Niedersachsen) der Prozess gegen eine 37-Jährige und einen 36-Jährigen begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft den Eltern Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen vor.
Das Kind kam mit einem sogenannten Wasserkopf zur Welt und hatte deshalb einen Shunt implantiert - ein Schlauchsystem mit zwischengeschaltetem Ventil. Nach dem Obduktionsergebnis führte im August 2019 ein Defekt am Shunt dazu, dass Hirnwasser nicht abfließen konnte. Die Eltern sollen ihrem Kind nicht die nötige medizinische Hilfe geholt haben. Das Mädchen starb. Laut Anklage hätten die Eltern in Scheeßel den Notarzt früher rufen müssen.
Widersprüche
Zum Auftakt der Verhandlung berichtete die Mutter von den Stunden vor dem Tod ihrer Tochter. Demnach war das Kind sehr müde, etwas Besorgniserregendes habe sie nicht gemerkt. »Da rechnet doch kein Mensch damit, dass das Kind abends dann nicht mehr wach wird«, sagte sie unter Tränen. »Ich hätte alles für sie gemacht.«
Im Widerspruch dazu stand das Protokoll ihres Notrufes. Demnach sagte die Frau damals bei ihrem verzweifelten Anruf: »Sie ist heute schon den ganzen Tag so komisch gewesen« und »Sie hat sich den ganzen Tag übergeben«.
Der Notarzt schilderte den Einsatz als dramatisch. Die Eltern seien verzweifelt gewesen. Er habe schnell gewusst, dass er das Mädchen nicht retten könne, habe aber aus psychologischen Gründen eine längere Zeit reanimiert. Wenn ein Kind mit Shunt sich erbricht, müssten alle Alarmlampen angehen, sagte der Notarzt.
Bei der Alarmierung der Rettungskräfte gab es dem Vorsitzenden Richter zufolge mehrere Probleme. So hing die Mutter zunächst in der Warteschleife, dann verfuhr sich der Wagen mit dem Notarzt, dann soll dieser zunächst den falschen Behandlungskoffer genommen haben.
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