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Polizeistatistik: Weniger Gewalt und mehr ganz junge Opfer

Gewaltdelikte und Wohnungseinbrüche machen viel Angst: In diesen zwei Bereichen wurden zuletzt weniger Straftaten registriert. Anders sieht es bei Verbrechen im Netz aus.

Polizeiliche Kriminalstatistik
Der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann, BKA-Präsident Holger Münch und Bundesinnenministerin Nancy Faeser stellen die Polizeiliche Kriminalstatistik 2021 vor. Foto: Wolfgang Kumm
Der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann, BKA-Präsident Holger Münch und Bundesinnenministerin Nancy Faeser stellen die Polizeiliche Kriminalstatistik 2021 vor.
Foto: Wolfgang Kumm

Die Kriminalitätsbelastung in Deutschland nimmt ab: 2021 ist die Zahl der von der Polizei erfassten Straftaten im fünften Jahr in Folge gesunken. Bundesweit wurden insgesamt knapp 5,05 Millionen Fälle registriert.

Mit einem Rückgang von 4,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr war die Entwicklung diesmal sogar noch deutlicher als im ebenfalls von der Corona-Pandemie überschatteten Jahr 2020. In den Jahren 2014 bis 2016 hatten die Fallzahlen jeweils über sechs Millionen gelegen.

»Wir sind ein sehr sicheres Land und ein starker Rechtsstaat«, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Hier hätten sich Investitionen in mehr Personal ausgezahlt. Ihr Ziel sei es, unter anderem die Kapazitäten des Bundeskriminalamtes (BKA) zur Bekämpfung des Handels mit Darstellungen sexuellen Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen zu erhöhen.

Aufklärungsquote

Hier ist der mittelfristige Trend positiv. Im vergangenen Jahr hat die Polizei 58,7 Prozent aller Fälle aufgeklärt. Zehn Jahre zuvor lag die Aufklärungsquote bei 54,7 Prozent. Allerdings weist das BKA in den Anmerkungen zu seiner Statistik auf einen Zusammenhang mit dem Rückgang der Diebstahlsfälle hin. Denn bei diesem Delikt ist die Aufklärungsquote generell niedrig, während sie beispielsweise beim Stalking oder beim Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte jeweils bei über 90 Prozent liegt.

Gewaltkriminalität

Die Zahl der registrierten Gewaltdelikte ging im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurück - um 6,8 Prozent auf 164.646 Fälle. Etwa vier von fünf Gewaltstraftaten wurden aufgeklärt. Eine leichte Zunahme um 1,5 Prozent gab es lediglich bei Vergewaltigung, sexueller Nötigung und besonders schweren sexuellen Übergriffen.

Messerangriffe

Erstmals in der Statistik ausgewiesen werden Messerangriffe. Das hatte die Innenministerkonferenz angeregt. Für das Jahr 2021 zeigt sich: Bei 6,6 Prozent der Gewaltdelikte wurde ein Messer benutzt oder als Drohmittel verwendet. Als »Messerangriffe« im Sinne der Statistik gelten alle Taten, bei denen »der Angriff mit einem Messer unmittelbar gegen eine Person angedroht oder ausgeführt wird«. Es reicht also nicht, dass ein Tatverdächtiger ein Messer lediglich bei sich führt - etwa verdeckt in der Jackentasche.

Einbrüche

Die Zahl der angezeigten Wohnungseinbrüche war wegen der Lockdown-Maßnahmen und Reisebeschränkungen schon 2020 rückläufig. Im vergangenen Jahr sank sie abermals - um 27,7 Prozent auf 54.236 Fälle.

»Millionen Menschen haben im vergangenen Jahr überwiegend im Homeoffice gearbeitet. Das hat sich abschreckend auf Einbrecher ausgewirkt, weil dadurch das Entdeckungsrisiko zu hoch war«, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Außerdem zahlten sich die zunehmenden Investitionen der Bürger in Sicherheitstechnik aus.

Die Schadenhöhe habe sich insgesamt um 40 Millionen Euro auf 180 Millionen Euro verringert. Der Summe, die im Schnitt pro Schaden anfiel, stieg laut GDV von 2700 Euro auf 3100 Euro.

Kriminalität im Internet

»Wir beobachten insgesamt eine strukturelle Veränderung der Kriminalität«, sagt BKA-Präsident Holger Münch. Seit 2015 habe sich die Zahl der von der Polizei erfassten Cybercrime-Delikte etwa verdoppelt. Im vergangenen Jahr wurden der Polizei 146.363 Fälle bekannt - obwohl die Anzeigequote in diesem Bereich niedrig ist.

Kindesmissbrauch

Einen Anstieg zeigt die Polizeiliche Kriminalstatistik für 2021 beim Kindesmissbrauch - um 6,3 Prozent auf 15.507 Fälle. Noch deutlicher beim Handel mit Darstellungen sexuellen Missbrauchs an Kindern (plus 108,8 Prozent). Ein Grund ist die hohe Zahl von Meldungen des National Center of Missing and Exploited Children in den USA zu Delikten mit Tatort in Deutschland.

Ein weiterer Faktor ist den Angaben zufolge, dass Kinder und Jugendliche - kinder- und jugendpornografische Bilder in Gruppenchats teilen und somit verbreiten, zum Beispiel via WhatsApp, Instagram oder Snapchat. Manchmal ohne zu wissen, dass dies verboten ist.

»Die hohen Zahlen im Bereich des Handels mit Darstellungen sexuellen Missbrauchs an Kindern sind sehr beunruhigend und zeigen den weiterhin großen Handlungsbedarf«, sagt die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic.

Drogen

Die Zahl der erfassten Rauschgiftdelikte sank 2021 laut Statistik leicht, um 1,3 Prozent auf 361.048 Fälle. Die Entwicklung war jedoch, je nach Droge, unterschiedlich. Bei Heroin, Kokain und Crack sowie bei LSD stellten die Polizeibehörden einen Zuwachs fest, während die Zahl der polizeibekannten Fälle, in denen es um Cannabis und Amphetamine ging, abnahm.

Opfer

Obgleich im vergangenen Jahr weniger Straftaten verübt wurden, stieg die Zahl der Opfer im Alter unter 14 Jahren im Vergleich zum Vorjahr an. Im vergangenen Jahr wurden laut Statistik 71.931 Kinder Opfer von Straftaten. Das waren 1825 ganz junge Opfer mehr als im Jahr zuvor.

© dpa-infocom, dpa:220405-99-806963/3