Großer Medienandrang, Rapper Fat Comedy auf der Anklagebank, Oliver Pocher als prominenter Nebenkläger und Zeuge: Zwei Jahre nach einem Angriff auf den Comedian am Rande eines Boxkampfes in Dortmund hat das Amtsgericht den 24-jährigen Rapper wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 15 Euro verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, Rechtsmittel sind möglich.
Fat Comedy hatte Medienvertretern kurz vor Verhandlungsbeginn gesagt, er werde die Strafe so nehmen, wie sie kommt - egal, wie sie ausfallen werde. Pochers Seite äußerte sich zunächst nicht. Der 46-Jährige verließ das Gerichtsgebäude nach dem Urteilsspruch durch einen Nebenausgang - an den Kameras vorbei.
Fat Comedy zeigt sich reumütig
Fat Comedy entschuldigte sich im Prozess »von Herzen« bei Pocher. Er habe mit damals 22 Jahren einen »riesengroßen Fehler« begangen, den er bereue. Das gelte für die Ohrfeige selbst und auch für das Video von der Tat, das ein Freund für ihn damals angefertigt habe - und für weitere Postings, die er dazu über Social Media verbreitet habe, schilderte der Angeklagte in einer Erklärung, die sein Strafverteidiger vortrug.
Er habe Pocher eigentlich nur eine »verbale Ansage« machen wollen, dann sei aber doch Wut in ihm hochgekommen, und er habe zu dem Schlag ausgeholt. Dass der so kräftig ausgefallen sei, »tut mir wirklich wahnsinnig leid«.
Die Staatsanwaltschaft hatte für eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten zur Bewährung plädiert. Fat Comedy habe mit der Aktion seinen Bekanntheitsgrad steigern und zusätzliche Follower gewinnen wollen, sagte Oberstaatsanwältin Carola Jakobs. Es gehe nicht an, einfach zuzuschlagen, weil einem jemand unsympathisch sei. Fat Comedy hatte zuvor über seinen Verteidiger angegeben, er sei wegen seiner Körperfülle - bis zu 250 Kilogramm in schlimmsten Phasen - früher viel gemobbt worden. Das sei ihm bei dem Angriff gegen Pocher hochgekommen, da dieser »verbal sehr gerne gegen andere austeilt«.
Auch Pochers Seite forderte eine Freiheitsstrafe. Der Angriff sei keinesfalls spontan erfolgt, sondern im Vorfeld geplant gewesen, was schon das beauftragte Filmen der Tat belege. Pocher sei zudem angesichts der »demütigenden Zurschaustellung« der Ohrfeige im Internet und zahlreichen Postings des Angeklagten in doppelter Hinsicht zum Opfer geworden, unterstrich Anwalt Andreas Thiel. Das Video, das zeigt, wie der Angreifer dem Comedian ohne Warnung ins Gesicht schlägt, soll millionenfach geklickt worden sein.
Pocher schildert seine Angst
Pocher berichtete als Zeuge, der Schlag sei »aus dem Nichts« gekommen. »Ich habe mich wie von einem Baseballschläger getroffen gefühlt.« Er habe sich zudem auch unmittelbar nach dem Schlag noch bedroht gefühlt, die Lage sei undurchsichtig gewesen. Er habe nicht gewusst, ob weitere Schläge folgen, ob Fat Comedy ein Messer in der Tasche habe oder ihm womöglich weitere Täter im Saal auflauerten, schilderte der 46-Jährige - in grauem Anzug und mit Krawatte - in ernstem Ton. Er sprach von einer »gewissen lebensbedrohlichen Situation«.
Pocher erläuterte, er sei bei wiederholten Arztbesuchen mit Cortison-Spritzen gegen Tinnitus behandelt worden. Der Schlag habe bei ihm auch vorübergehend Gleichgewichtsstörungen und Kopfschmerzen ausgelöst. Er habe Fat Comedy bis dahin nicht gekannt, auch niemals irgendetwas gegen ihn gesagt. Er halte dessen Vorgehen für »vorsätzlich und hinterhältig«. Der Comedian und Moderator berichtete auch, dass man »sehr kausal« zu dem Fall sein Haus nachts mit vielen Eiern beworfen habe. Seine damals ein und zwei Jahren alten Kinder seien daheim gewesen.
Es seien keine körperlichen Schäden zurückgeblieben, aber seit dem Angriff überlege er »dreimal, wohin ich gehe«, sagte Pocher aus. »Es gibt Leute, die mich einfach doof finden. Und das ist ja auch legitim.« Jemanden aber deswegen mit körperlicher Gewalt in der Öffentlichkeit anzugehen und das dann über Social Media zur »Selbstprofilierung« zu verbreiten, sei völlig inakzeptabel.
In dem Fall war Fat Comedy bereits im Sommer 2023 vom Frankfurter Landgericht in einem Zivilprozess zu 5000 Euro Schmerzensgeld und 45.000 Euro Geldentschädigung verurteilt worden. Pocher hatte in der Zivilklage eine höhere Summe gefordert. Das Frankfurter Urteil ist noch nichts rechtskräftig. Fat Comedy hatte Berufung eingelegt, das Verfahren liegt beim Oberlandesgericht.
Unerwartetes Vier-Augen-Gespräch
Die Dortmunder Richterin Stephanie Heinzelmann stellte klar, dass Körperverletzung mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden könne. Strafmildernd habe sie unter anderem berücksichtigt, dass der Anklagte freiwillig 2000 Euro Schmerzensgeld an Pocher gezahlt habe. Der Verteidiger des Rappers, Burkhard Benecken, unterstrich, die Tat seines Mandanten solle nicht bagatellisiert werden. Allerdings habe Pocher schon am Tag nach der Ohrfeige einen Auftritt bei einer Liveshow absolviert.
Bevor Pocher das Gebäude verließ, gab es noch fix ein unerwartetes nicht-öffentliches Vier-Augen-Gespräch. Was zwischen ihm und Fat Comedy in der Ecke eines Gerichtsflurs ausgetauscht wurde, ist unbekannt. Denn Pocher bat hinterher Medienvertreter nach dem ganzen Rummel: »Könnt Ihr bitte alle gehen.«
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