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»Nein heißt nein«: Bewusstsein der Clubszene steigt

Wie können Clubs und Partyräume noch sicherer gestaltet werden, etwa was Diskriminierung oder Grenzüberschreitungen betrifft? In der Szene wächst das Bewusstsein - aber es gibt auch Nachholbedarf.

Clubszene
Eine Sicherheitskraft beobachtet die Tanzfläche eines Clubs in Frankfurt/Main. Mit der Frage »Ist Luisa hier?« können sich Mädchen und Frauen ans Personal wenden und bekommen unmittelbar und diskret Hilfe. Foto: Hannes P. Albert
Eine Sicherheitskraft beobachtet die Tanzfläche eines Clubs in Frankfurt/Main. Mit der Frage »Ist Luisa hier?« können sich Mädchen und Frauen ans Personal wenden und bekommen unmittelbar und diskret Hilfe.
Foto: Hannes P. Albert

Wer in das »House of Yes« in New York reinkommen will, wird erst einmal auf sympathische Art über die Hauskultur informiert. Denn in dem angesagten Club im Bezirk Brooklyn kann es auch mal etwas freizügiger zugehen - aber nur mit Respekt und Einverständnis.

»Zustimmung ist alles, auf und außerhalb der Tanzfläche«, heißt es dort. Deshalb gelte es immer zu fragen, bevor man in Körperkontakt trete. Und: »Es ist in Ordnung, im «House of Yes» Nein zu sagen.« Um sicherzugehen, dass die Clubgänger, die in einer winterlichen Nacht am Eingang anstehen, alles richtig verstanden haben, werden sie animiert, gemeinsam im Chor einzustimmen: »Nein heißt nein« und »Ja heißt ja«.

Geschultes Personal und Codewörter

Aber nicht nur in New York, auch hierzulande steigt das Bewusstsein: »Awareness ist ein Thema, das sich schnell entwickelt, die Sensibilität dafür ist groß«, sagt Victor Oswalt vom Netzwerk Clubs am Main, in dem sich um die 15 Clubs aus dem Rhein-Main-Gebiet zusammengeschlossen haben. Daten zu Fallzahlen lagen demnach aber nicht vor. Die Konzepte der Party- oder Clubbetreiber seien dabei ganz individuell. So gebe es geschulte Awareness-Beauftragte oder Codewörter, mit denen man sich an der Bar melden könne.

Der Frankfurter Club »Tanzhaus West« betont, keinerlei Form von sexuellem Missbrauch, übergriffigem oder sexistischem Verhalten sowie Diskriminierungen jeglicher Form, Rassismus, Antisemitismus, Homophobie oder andere Formen von Gewalt zu dulden. Wer sich belästigt fühle oder entsprechende Situationen beobachtet habe, könne sich jederzeit an das Personal wenden - auch anonym außerhalb des Clubbetriebs. Zudem seien zwei Frauen als Ansprechpartnerinnen installiert worden, »die sich Zeit für Deine Geschichte nehmen«.

Awareness in Zeiten von #metoo und Black Lives Matter

Das Thema spielt auch in Berlin, der Hauptstadt der Clubkultur in Deutschland, eine wichtige Rolle. So hat die Berliner Clubcommission für Anliegen rund um Awareness, Diversity und Antidiskriminierung eigens die »Awareness Akademie« ins Leben gerufen.

»Natürlich handelt es sich um ein gesamtgesellschaftliches Thema, und durch öffentliche Debatten wie #metoo oder Black Lives Matter ist die Aufmerksamkeit und das Bewusstsein für Diskriminierung, sexualisierte Gewalt oder Grenzüberschreitungen gestiegen«, sagt Katharin Ahrend von der Akademieleitung. »Clubs kommt jedoch eine besondere Rolle zu, da sie auch als Schutzräume, also Räume, in denen sich alle frei und sicher fühlen sollen, fungieren.« Auch in Berlin gebe es bislang keine konkreten Zahlen.

Die Akademie bietet den Clubs konkrete Unterstützung bei der Awareness-Arbeit an, beispielsweise durch Workshops. Anfragen gebe es inzwischen aus ganz Deutschland. »Diese Entwicklung ist sehr positiv«, sagt Ahrend. »Gleichzeitig gibt es hier noch große Unterschiede, während die einen schon seit Jahren Wissen und Strukturen aufbauen, gibt es auch Clubs, die sich noch gar nicht mit dem Thema beschäftigen.« In Berlin seien etwa das »Mensch Meier« oder das »about blank« schon lange dabei, dem Thema besondere Aufmerksamkeit zu schenken, und auch der »Tresor« und das »RSO« sind im Zuge der Wiedereröffnung der Clubs in diesem Bereich aktiv.

»Ist Luisa hier?«

»In der Pandemie ist viel passiert«, erklärt Ahrend. »Als es still wurde in den Clubs, haben sich viele die Zeit genommen, um ihre Mitarbeitenden intensiv zu schulen und hausinterne Teams aufzubauen.«

Im westfälischen Münster hat der Frauen-Notruf bereits 2016 die Kampagne "Luisa ist hier!" auf den Weg gebracht, an der sich inzwischen Kommunen aus ganz Deutschland beteiligen. Wenn sich Frauen in Bars oder Clubs belästigt, bedrängt oder bedroht fühlen, können sie sich mit der Frage »Ist Luisa hier?« an das Personal wenden, um unmittelbar und diskret Hilfe zu bekommen.

Mit dabei ist beispielsweise die Stadt Wiesbaden. »Alles was Geld kostet, übernimmt die Stadt«, sagt die kommunale Frauenbeauftragte Saskia Veit-Prang. Aber: »Im Moment ist die Resonanz nicht euphorisch.« Bislang würden sich lediglich vier Locations beteiligen. In nordhessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg startete »Luisa ist hier!« bereits 2018. »Generell ist das Feedback positiv, aber es ist schwierig, das Projekt tatsächlich in die Bars und Clubs zu tragen«, erklärt auch die dortige Frauenbeauftragte Beate Friedrich.

Bei der aktuellen Fluktuation des Personals sei eine Herausforderung für die Clubs, die kostenfreien Schulungen umzusetzen. »Aber es reicht nicht, die Plakate aufzuhängen oder die Flyer in der Damen-Toilette auszulegen«, sagt Friedrich. »Ich hoffe, wenn sich jetzt nach Corona alles wieder normalisiert und mehr Stammpersonal in der Gastro arbeitet, dass dann die Bereitschaft der Betreiber steigt.«

© dpa-infocom, dpa:230117-99-245505/2